
Nix geht mehr!
Do 24.3.16
Feierstimmung einpacken! So einfach, wie wir reingekommen sind, so schwer geht es wieder raus aus Ushuaia! Wir sind schon vor 8.00 morgens an der Straßensperre (heißt 6.00 aufstehen!) wie die anderen beiden Brasilianer auch. Aber heute lassen die Leute keinen durch. Die Bürgermeisterin hat sich heute nacht um 4.00 mit Polizeigewalt Durchlass verschafft, nur um Barak Obama in Buenos Aires zu treffen und vorher in der Pressekonferenz mit einem Statement ohne Beantwortung einer einzigen Frage alles gegen sich aufzuwiegeln. Wie kann sie sich einfach in solch einer Situation verp_ _ _ _ _ , nur eigenen Interessen frönen, und alle anderen sich selbst überlassen??? Verständlich, wenn dann das Volk aufgebracht ist und erst dann wieder aufmachen will, wenn sie zurück und gesprächsbereit ist. Ein Autofahrer will trotzdem durchfahren, was solchen Ärger auf sich zieht, dass die Fäuste fliegen. Darauf wollen wir es natürlich nicht ankommen lassen und stellen unsere Moppeds an die Seite aus der Schusslinie.

Kriegsrat – was machen wir? Wo kommen wir durch?
Bei allem Verständnis und 2 Std. langer Diskussion – sie lassen uns einfach nicht durch. Einigen ist es völlig Wurscht, wie gefährlich das für uns ist, wenn Winter hereinbricht, Regen, Schnee und Wind zusammen auf Piste eine tödliche Kombi darstellen, weshalb wir schnellstens 2000 km nach Norden wollen. Gestern waren die Berge ein Drittel beschneit, heute schon 2 Drittel. Sie interessiert das nicht und bleiben stur. Andere, auch Biker, haben Verständnis für unser Flehen, bedauern unsere Situation zutiefst, können aber auch nicht weiterhelfen.
Wie am nördlichsten Punkt, so auch hier am südlichsten sind wir einfach spät dran. Uns fehlen die 3 Wochen Zeitverlust in Costa Rica/Panama. Ich erinnere mich noch, wie knapp wir aus Alaska rausgekommen sind. Hier droht uns dasselbe. Was also tun? Das gestrige Schlupfloch durch das das Mopped des Amerikaners schlüpfte, wurde entdeckt und blockiert. Geht also nicht mehr! Mist, aber wäre ohnehin sehr knapp bemessen, ob wir da mit unseren Dickschiffen durchgekommen wären. Also warten und Teetrinken. Einer der Blockadewächter hat Mitleid mit uns und erklärt uns seine Idee eines Weges nach draußen. Wir verkrümeln uns einer nach dem anderen, um nu ja keine Aufmerksamkeit auf uns zu ziehen. Einige Bewohner helfen uns, machen Törchen auf und lassen uns über ihr Grundstück fahren und suchen mit uns nach einem Durchkommen. Die feuchte, holprig steinige Wiese steil runter schaffe ich noch. Gewusst wie, Motor aus über die Kupplung abwärts.

Durchs enge Törchen mit Mut und Motor, um die 2 nächsten Ecken geht auch noch und dann muss ich sie doch fallen lassen. Beim Einlenken nach rechts den Hang runter kippt sie langsam über den Schwerpunkt und ich weiß schon vorher, dass der dicke Felsen dort zu eng steht. Paff! Da gibt mein rechter Koffer nach. Mist! Bolzen gebrochen, Koffer total verzogen. Wenns regnet, regnets heftig rein. Grrrr! Also alle Koffer abbauen, hinstellen und Gepäck tragen, während das jetzt leichtere Bike einfacher durch den weichen Mist zu bugsieren ist.
Die vorderen 3 Bikes suchen weiter nach dem Weg, denn hier ist es extrem morastig und überall steht das Wasser in der Wiese oder aufgeschüttete, betonharte Hügel rahmen einen „Teich“ ein. Ein Bewohner rät uns, oben über die Straße zu fahren. Etwas spät, denn wieder rauf ist sicher nicht machbar – zumindest Schwerstarbeit. Ein angeleintes Pferd schaut interessiert zu. Vielleicht hätten wir dieses unsere Mädels ziehen lassen sollen, anstatt eigene zu benutzen. Dicke Spuren ziehen die durchdrehenden Hinterräder. Was machen wir also? Wir wissen nicht, was dahinter kommt, wenn wir dass hier schaffen, zumal wir einen der agressiveren Wächter dahinten entdeckt haben. Aber wir haben zumindest eine Chance rauszukommen; und die Wiese wieder rauf, ist keine wirkliche Option.

Das schwerste Mopped als letztes, keine gute Idee!

gemeinsam sind wir stark – mit allen Tricks ziehen wir den (die) Karre(n) aus dem Dreck! Im wahrsten Sinne
Ich habe aber keinen Mut mehr, und so fährt M. mein Mädel aus der Sch…. äh, … ja! Seins allerdings – das letzte – braucht Schützenhilfe. Es ist zu schwer mit all dem Gepäck und alle 3 „Durchgänge“ durch die Dornenbüsche schon tief zerfurcht. Aber gemeinsam sind wir stark. 4 Männer heben sein Mädel dann eben aus der Sch…. sorry… aus dem Wasserloch! Auch er kommt irgendwann heil aus der Wiese aufs rettende Trockene. Alles wieder anbauen und weiter gehts. Wenige 100 Meter später geht es steil bergab, wenn auch auf Piste. Aber die ist rutschig und wirklich extrem steil. Die ersten 3 Bikes fahren in Gänsefüßchen runter – ohne Motor über schleifende Kupplung und Handbremse mitfüßelnd. M’s Maschine ist allerdings soviel schwerer, dass die haltende Kupplung immer wieder den Motor anspringen lassen will. So rutscht er mit blockierendem Hinterrad schräg runter und lässt irgendwann laufen, weil ihn sonst das Hinterrad überholt. Unten empfängt ihn eine Matschpfütze! Bravo, heil unten! Aber auch hierfür fehlt MIR der Mut. M. hat auch den Kaffee schon auf und somit nehme ich zum ersten Mal das Angebot eines anderen Moppedfahrers an. Fabricio lässt mein Mopped langsam mit mir und M. an den Flanken runterrollen. Ja, gibt er zu, es ist verdext hoch und ja, auch sehr viel schwerer als seine eigene 800-er ADV. Aber ich vertraue ihm mein Mädel an, weil er seine eigene vor meinen Augen gut runter gebracht hat und weil er die gleiche Machine fährt. Auch mein Mädel kommt unten heil an!
FREEEEEEEEE !!!!!!!!!! schreit der andere Brasilianer und wir fahren hinter der Blockade und der wartenden Schlange auf die Hauptstraße. Vier 800-er ADV’s und eine KTM 690 sind einfach unstoppable. (Allein hätten wir das allerdings nicht geschafft!)
Abenteuer der Kategorie 2!!! (Wenn man drinsteckt ist es nicht zum Lachen, aber hinterher, wenn man die Story erzählt, schon!)
2 Std. kostet uns diese Aktion und es ist Mittag, als wir uns endlich auf den Weg machen. 560 km wollen die Brasilianer schaffen, inklusive 2 Grenzübergänge und einer Fähre und wohl auch Tanken. Uns ist das zuviel, zumal uns wieder einmal der patagonsiche Wind gefunden hat und die Arbeit an diesem Tag noch nicht vorbei ist. Wieder einmal kann ich M, der mit 80 sich gegen den Wind lehnt, nicht folgen, weil ich einfach nicht genug Kraft aufbringen kann, so schnell und soweit mein Mädel in die Kurve zu zwingen, um weiter geradeaus zu fahren. Langsam, Baby! M. wartet schon irgendwann. So kämpfen wir uns also den ganzen Tag lang aus Feuerland langsam raus.
Frohe Ostern, sag ich da nur noch!
VGB
PS: Eigentlich wollten wir einen Tag dranhängen, aber Ushuaia ist über Ostern ausgebucht. So mussten wir umdisponieren und doch gestern bei Uselswetter zum Nationalpark, verpassen knapp die Öffnungszeit des südlichsten Postamtes und das Sightseeing der Stadt. Wir haben kaum was davon gesehen. Schade! Das hatte ich mir anders vorgestellt.