Kanadas „Willkommen“

Fr. 28.8.15

Gen Süden, da wird es doch wärmer, hab ich gedacht. Aber nix da, es geht noch kälter: Minus 2 Grad zeigt mein Biketermometer an der Grenze zu Kanada an. Die wollen anscheinend keinen mehr reinlassen, denn willkommen heißen nenn ich das nicht. Ich wusste gar nicht, dass mein Bike überhaupt ein Minuszeichen kann. Bei solchen Temperaturen bin ich noch niemals Mopped gefahren, geschweige denn im dichten Schneetreiben. Wieder mal wähne ich mich schon am Ziel (Dawson City), als 50 km vorher das bisschen Schneien mehr wird und die Straße mit Crema versieht. Lecker, schon wieder! Kaum sitz ich wieder drauf, geht der Matsch schon wieder los. Mit 60 Stundenkilometern schlittern wir den Top of the world Highway entlang. Von der World sehen wir im Nebel nix, es ist auch zu kalt und zu riskant, den Kopf in die Landschaft zu drehen. Gott sei Dank haben wir heute den Heizwestenanschluss rausgefummelt und nun ist uns wenigstens muckelig warn, auch wenn die Finger und Füße nicht warm zu kriegen sind und heftig schmerzen. Kurz vor Dawson gehts über den Yukon River – mit der kostenlosen Fähre, die gerade angekommen ist. Sie fährt tag und nacht, trotzdem suchen wir lieber ein Quartier in der City, nicht dass später der Yukon steigt und wir nicht mehr rüber kommen, weil die Fähre nicht mehr fahren kann (dies ist einem anderen Fahrer passiert). 

Auf halben Weg war heute Chicken zu sehen. Die Stadt im Old Style steht ganz im Touristencharme: 3 Cappuchinobuden. Goldgredge (ein alter, riesiger Schwimmbagger) und Goldwaschen, riesiger Andenkenladen. Am Ortseingang saß  „the niciest chicken, I’ve ever seen“ – Originalton M. (muss ich jetzt froh oder beleidigt sein?) – auf einem Quad und winkte den ankommenden Touristen zu. Wir belächeln die anderen deutschen Touris im Wohnmobil, denen die vielen Schlaglöcher zu schaffen machen, reichen uns doch die 10 cm dazwischen, um bequem zu reisen. Am Ortsausgang dürfen wir die Ureinwohner des Örtchens noch kurz bestaunen, bevor die sich langsam vom Acker machen: Eine Elchkuh  mit 2 kleinen Kälbchen kreuzt die Straße und äst friedlich nebenan weiter.  

Durchgefroren hab ich keine Lust, im Zelt zu schlafen. Vielleicht sind wir morgen ja eingeschneit. Wir nehmen uns ein Hostel in der „Stadt“ (2000 Einwohner!) Die Wettervorhersage sagt für Samstag Null Grad und Schnee vorher und für Sonntag 3 Grad und Regen. Wir bleiben bis Sonntag. Es gibt Konzerte, die Bar mit dem Zeh im Schnaps, und diverse andere Dinge zu besichtigen. 

Bis demnächst

Eure B

 

Bye Alaska

Do, 27.8.15

Es hat mal aufgehört zu regnen. Den ganzen Morgen lang! Tatsächlich! Wir können das gut gebrauchen, da wir nach der Generalinspektion unserer Sachen und Grundreinigung der Kleider und Bikes alles wieder neu verstauen müssen. Da es nicht warm werden will, ziehe ich meine Merino-Sachen und die warme Motorradleggings, (meine beiden wärmsten Leggings) und das langärmelige Merinohemd, noch ein weiteres Shirt und meine Heizweste unter die Motorradkluft an. Zwiebelmuster und Michelinfrauchen. Auch die Regenhose noch drüber, aber es wird einfach nicht warm. Bei konstanten 4 bis 5 Grad, bisweilen leichter Regen und Seitenwind kühlt man einfach aus. Warum ich die Heizweste nicht anmache? Weil wir festgestellt haben, dass in Missoula die BMW-Schrauber unsere Anschlüsse dafür irgendwo verbaut haben. Da müssen wir erstmal auf die Suche nach gehen. aber bestimmt nicht bei der Kälte im Regen.

Wir fahren die 20 km zum Nordpol. Jep, so nah sind wir dran… okee okee „North Pole“ schreibt sich das. Hier wohnt der amerikanische Weihnachtsmann an 365 Tagen im Jahr, die heutigen Temperaturen sind auch schon weihnachtlich – und das im August. Wir geben unseren Weihnachtswunsch ab (ich wäre Weihnachten gerne in Südamerika ;-)…) und setzen uns noch nicht auf Santa Clausens Schoß, es ist für mich einfach noch zu früh!!!

Es wird also Zeit „auf Wiedersehen, Alaska“ zu sagen. Alle Welt bricht gen Süden auf, die Campingplätze machen nach und nach alle zu, die Temperaturen sinken rapide auch in Fairbanks und überall schneit es schon rund herum. Auf dem Weg nach Tok letzte Nacht zum Beispiel. Wir kommen da vorbei und sehen die weißen frisch beschneiten Bergspitzen. Kein Wunder, wenn es so kalt ist.

In Delta Junktion ist der Alaska Highway zu Ende. Im Visitorzentrum wärmen wir uns ein wenig auf, lehnen den angebotenen, abgestandenen Kaffee aber dankend ab. Da es sonst nur eine Drive-thru-Kaffeebude ohne Windschatten gibt, fahren wir nach ein paar Bildern weiter. Es sind „nur“ noch 110 Meilen, aber die ziehen sich, so dass ich In Tok angekommen, als allererstes eine Tanke anstrebe, weil die meist etwas warmes zu trinken haben. Wir bekommen sogar einen richtigen Cappuccino mit blueberry-muffin und Sprit. Herrlich!!!! Noch nicht ganz aufgegessen gibts einen Knall und alle Lichter gehen aus. Stromausfall, schon der 2. heute, wegen des starken Windes. Alle kommenden Kunden müssen Waren cash zahlen und kriegen keinen Sprit, weil die Pumpen PC-gesteuert sind und der braucht Strom! Nix geht mehr. Glück gehabt!

Wir fahren zum nahen Biker-Campingplatz Tomphsons eagle claw motorcycle park und beziehen eine Hütte. Im Zelt bei Temperaturen um den Gefrierpunkt und morgen das Zelt nass einpacken? Nein danke! 40 Dollar sollten drin sein. Wir haben manches mal für einen Zeltplatz 35 Dollar gezahlt! Also was soll’s. Es ist mit soviel Liebe zum Detail und Herzblut gestaltet, nett gemacht, damit man/frau sich wohlfühlt.

Auf dem Platz ist gerade die große Abdeckung über dem Feuerplatz fliegen gegangen. Sie hat nur 3 Monate gehalten, war nagelneu und sollte den Bikern als Regenschutz dienen. Die Besitzerin ist ganz geknickt. 150 Dollar Anschaffung und 100 Dollar Aufbau versenkt. Mist. Zwei weitere Bäume haben dem Wind nicht standgehalten und ich bibbere um unsere bikes. Aber man kann nur hoffen, dass weder der Wind unsere beiden umschmeißt, noch ein Baum drauf fällt. Also lieber Gott, wir waren sehr brav und wenn es unbedingt sein muss, dann vertage den Wind doch bitte auf morgen, wenn wir schon weiter gefahren sind. Danke!

B.

Einmal Schlaraffenland und zurück

So, 23.8.15

Unsere Unterkunft hier in Deadhorse ist das Prudhoe Bay Hotel, welches ich jedem Reisenden, den es hierhin verschlägt, nur wärmstens empfehlen kann. Vom Charme her kann es das Hotel mit jeder Containersiedlung an einer Kraftwerksbaustelle oder sonstigen Großprojekten aufnehmen. Die Lage in der Mitte von nichts, besonders wenn Nebel herrscht, so wie bei unserem Aufenthalt, ist es auch nicht. Obwohl, so ein Nebel kann das vorherrschende wunderbar kaschieren. Was macht also dieses Containerhotel mit winzigen Zimmern zu so etwas besonderem? Die Kantine natürlich.  Hier ist wirklich das Schlaraffenland. 24 Stunden am Tag offen und im Zimmerpreis eingeschlossen. Jederzeit kann man auf Leckereien wie Kuchen, Teilchen, Cookies, Eiskrem, Chips, Sandwiches, Burritos, Jogurt, Früchte, Müsli und Co zugreifen. Und diese Schlemmerei wird 3x täglich von Mahlzeiten unterbrochen. Auch hier wird alles mögliche Leckere und Figurbildende angeboten.  Und das schöne ist, das ganze kann man(n) auch außer Haus mitnehmen. Heute habe ich das Erste Mal bereut, dass wir mit den Motorrädern unterwegs sind. Muss doch das Lunchpaket viel zu dürftig ausfallen. So passe ich doch nie mehr vernünftig in meine Motorradhose. Zieht doch Schwerkraft meine Motorradhose in engster Stellung immer stärker nach unten. Wie hießen Hosenträger noch einmal auf Englisch?

Ach so, heute haben wir nicht nur den ganzen Tag lang gegessen. Es stand noch ein morgendlicher Ausflug durch Prudhoe Bay (ist für Privatleute gesperrt) mit Visite an der Beaufortsee, einem Teil des nördlichen Polarmeeres, auf dem Programm. Dabei ging es an den Fördertürmen, Wohnanlagen (hier arbeiten über 1000 Menschen auf den Ölfeldern), an Flugfeldern und am Prudhoe Bay National Forrest vorbei. In diesem Wald sind die Bäume immergrün und werden an Weihnachten festlich beleuchtet. Bei der vorherrschenden Temperatur von 2 Grad Celsius (und das im August) würde bei uns schon die Adventszeit eingeleutet werden.

Angekommen am arktischen Ozean zieht es fast alle dick vermummt an – uns natürlich mit wasserdichten Stiefeln IN – das Wasser. Bis auf zwei Jungs, die sich nur mit Badehose bekleidet unter Anfeuerungsrufen der tobenden Massen todesmutig in das schweinekalte Wasser stürzen. Brrrr!

Zurück am Hotel widmen wir uns wieder dem ersten Teil dieses Berichtes: Der Nahrungsaufnahme und dem Ausgleich des Coffeinspiegels.

Mit überstrapazierten Mägen, das Wort „voll gefressen“ möchte ich hier nicht verwenden, machen wir uns auf den Rückweg nach Fairbanks. Die Temperatur hat sich in der Zwischenzeit auf 4 Grad Celsius verdoppelt. Hatten wir schon auf der Hinfahrt Freude an den Baustellen, durften wir unsere Kenntnisse an Spurrillen  und tiefem Schiotter weiter vertiefen. Zudem hatte es kurz zuvor zu unserem Unbill an 2 Bergen 100 km lang ausgiebig geregnet, wodurch die Strasse mit ausgiebiger Crema, Schlamm , Steinen und dicken Schlaglöchern garniert wurde. Es ist schon faszinierend, wie sich die Beschaffenheit der Straße zwischen trocken und nass wandeln kann. Gott sei Dank blieb uns erspart, dies bei Regen zu bewältigen. Das hätte noch gefehlt. War auch so schon schwierig genug. So schliddern und fahren wir bei niedrigen und immer tiefer fallenden Temperaturen dem wolkenverhangenem Atigunpass (1400m) entgegen. 1 Grad zeigt das Thermometer an den Motorrädern an, also schnell weiter auf in den warmen Süden. Auf der anderen Passeite erfreuen nicht nur die wiederkehrenden Bäume, sondern auch schon fast tropisch anmutende Temperaturen von 12 Grad Celsius. Durch wunderbare Herbstwälder, vorbei an schneebedeckten Bergen fahren wir unseren heutigen Ziel, dem Marion Creek Campground bei Meilenpfosten 180 entgegen.

M

Der Prudhoe Bay National Forrest

Der Prudhoe Bay National Forrest

Nur die Harten kommen durch!!!

Nur die Harten kommen durch!!!

Wir waren "fast" so hart.

Wir waren „fast“ so hart.

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Prudhoe Bay, ein letzter Blick zurück

Prudhoe Bay, ein letzter Blick zurück

Ist das kalt hier oben. Wird Zeit das wir in den warmen Süden kommen.

Ist das kalt hier oben. Wird Zeit das wir in den warmen Süden kommen.

Zum Glück ist der Grizzly noch weit genug weg

Zum Glück ist der Grizzly noch weit genug weg

Eins der besagten ROTEn TORE.

Eins der besagten ROTEN TORE.

Das schönste an Coldfoot. Die Tankstelle !!!!

Das schönste an Coldfoot. Die Tankstelle !!!!

Herbstfarben, südlich des Polarkreises

Herbstfarben, südlich des Polarkreises

GS - gehört schmutzig -  aber so dreckig dann doch nicht ;-)

GS – gehört schmutzig –
aber so dreckig dann doch nicht 😉

Die Drecknasen hängen schon vom Auspuff runter

Die Drecknasen hängen schon vom Auspuff runter

B’s Edit: Ich hatte immer nur das Ziel vor Augen, hier anzukommen. Aber den Weg zurück hatte ich nicht bedacht. Nun sitze ich hier im Schlaraffenland, schlage mir nochmal den Bauch voll und habe keine Lust, zurück zu fahren, weiß ich doch nun, was mich erwartet und genau darauf habe ich keine Lust. Mist!

Der Dalton Highway – berühmt/berüchtigt nach Deadhorse

Yes! We did it!!!

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Sa. 22.8.15

Angekommen! Schnell finden wir das Hotel mit dem reservierten Zimmer_MG_9976, aber vorher müssen wir noch das tote Pferd _MG_9979suchen und tanken. Leider kein Schlauch da, um mal eben über die Lüfter zu spritzen. Na gut, dann eben doch zuerst essen und aufwärmen und nun – satt, drüsch (trocken), sauber und warm – sind die vergangenen Strapazen schnell vergessen. Die herrlichen Herbstfarben der Landschaft dagegen nicht. tiefes Rot, leuchtendes Orange – wie die Früchte auf dem Obstteller.

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Für die Interessierten: Der Hwy ist eigentlich sehr gut befahrbar und meistens easy – wenn man gut vorbereitet ist (nicht zu schlechtes Wetter,  genügend Offroaderfahung, gute Reifen, gute Federung, geeignetes Mopped). Aber eben nicht immer. Die vielen tiefen Löcher sollte man umfahren, was bei entsprechender Konzentration gut klappt. Es sind einige sehr tricky Stellen dabei gewesen, manchmal einige 100 m, mal aber auch 10 km lang. Eine sehr weiche, matschige, sehr rutschige Angelegenheit, für die allemal mehr als nur ein bisschen Geländeerfahrung nötig ist. Es gibt hier nahezu kein „Wellblech“ auf der Piste – woher auch, die Trucker bremsen nicht! Aber sie sind auch nicht so fies, wie manche uns erzählten. Alle machten ausnahmslos Platz und grüßten zurück, sie fahren halt schnell und überholen auch, wenn einer zu langsam ist. Die plattgefahrene Käsepiste ersetzt das Wellblech. Man sollte hier tunlichst vermeiden, jedes Loch einzeln zu umrunden, sonst kommt man nie an. Es empfiehlt sich mit genug Mut und reichlich Tempo drüber zu bügeln, was das Zeug hält. Das fühlt sich dann wie auf dem Massagebrett – vorausgesetzt die Federung macht das mit (s. o. ;-)…)

Da es immer kälter wird, den Pass hoch sogar bis auf 2 Grad runter kühlt, umringt von Schneebergen, _MG_9960 _MG_9962sind wir doch sehr ausgekühlt und erschöpft, als wir nachmittags ohne Pause die 350 km abgearbeitet haben. 50 km vor Deadhorse wähnte ich mich schon am Ziel, als uns, weit gefehlt, die knackigste Stelle 10 km lang in Atem hielt: Frisch begradigt empfängt uns weicher, tiefer Brei aus Steinen und was weiß ich sonst noch. Die Fuhre windet sich, schleudert ständig kreuz und quer, Vorderrad nach rechts, Hinterrad nach links oder umgekehrt. Nur nicht vom Gas gehen, Liebelein, immer auf Zug. Teilweise ist der Matsch so tief, dass sich sogar unser großes Vorderrad durchgraben muss und buckelt, während das Hinterrad schiebt. Häng dich an den Lenker, mach das Vorderrad leicht und bleib um Himmelswillen am Gas! Jaaaa, mach ich auch. Aber mit eiskalten Fingern, nach gestrigen 500 km plus heutigem Anteil verkrampfe ich einfach zu sehr. Ich meistere die Stellen zwar ohne Sturz und für mein Gefühl mit Bravour, aber hinterher tun mir die Arme doch sehr weh, dass ich entgegen meinem Verstand für die „leichten“ Stellen den „Gasometer“ benutze, was meine rechte Hand wenigstens kurzzeitig entlastet und entkrampft. Na jetzt aber auf zum Endspurt … nein, bitte nicht! Eine Baustelle 25 km vor Ziel! Wir warten 20 min. in der Kälte im Wind. Die Baustelle ist sehr lang und mit tiefen weichem Schotter oder Matsch bestückt. Dadrin tiefe Spurrillen – und der Doof von Pilotcar fährt so langsam. Ja wenn ich wenigstens fahren könnte, wie ich wollte. Aber versuch du mal im Schritttempo die Spurrille zu erwischen und nicht zu verlassen. M. gelingt das mit seinem 3 D Problem nur halbgut, er muss schwer kämpfen, damit die Fuhre nicht umkippt.

Als wir dann hier im Hotel sind, erklärt uns die Rezeptionistin, dass im Mai die Flut alles abgeräumt hat. Deadhorse war 3 Wochen lang abgeschirmt von der Außenwelt, alles musste per Flugzeug hergebracht werden, weil die Straße auf 85 Meilen (135 km ca) weggerissen war und neu aufgebaut werden musste. 10 Liter Sprit pro Nase und Tag gabs nur. Gerade da waren wir soeben noch hergefahren, wo auf dem Bild nur ein Krater zu sehen ist. Echt Wahnsinn. Und hier leben und arbeiten Menschen, meist Männer, nur 15 %nFrauen. Jetzt ist Sommer! Wie mag das im Winter sein, wenn es die meiste Zeit dunkel und schweinekalt ist??? Ich mag mir das gar nicht vorstellen. Mir reichen die Strapazen der letzten 2 Tage. Mit Regen Sonne, kalt und warm, Schwarzbären, Elchen (Mutter mit Kalb) und Camping in Coldfoot, weil alles ausgebucht war….

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B

Noch eine Bärengeschichte und andere

Do 20.8.15

Die Mädels haben neue Schuhe und eigentlich könnte es morgen auf nach Coldfoot gehen. Aber der Reifenmontör ist anscheinend ein einheimischer Naturbursche. Er spricht nicht viel, schon gar nicht bei der Arbeit. Am Telefon gibts nur Bruchstücke von Sätzen, nur das nötigste. Aber nach getaner Arbeit erzählt er bereitwillig ohne Aufforderung, was wir bitte beachten sollen und was auf keinen Fall tun sollten. So z. B. auf KEINEN Fall hinter die Schranken der Ölpipeline mit den Motorrädern fahren. Die Pipelines sind alle videoüberwacht und schneller als wir kucken könnten wären unsere Motorräder vom Staat einkassiert ohne Chance, sie zurückzukaufen. Na, wir hatten ohnehin nicht vor Illegales zu unternehmen. Aber danke für die Warnung, denn manchmal versucht man einer Schwierigkeit aus dem Weg zu gehen und außen herum zu fahren. Das lassen wir also lieber…

Außerdem warnte uns Dan, der Meister vor den Bären. Jep, ist er nicht der einzige. Weiß ich doch! Nein, weiß ich eben nicht. Er warnte vor allem MICH, eben als Frau. Er sagte, M. sei sicher, aber ich nicht, ich sei Futter, welches der Bär Kilometer weit riechen könne. Dies sei kein Joke und auch kein Fake. Natürlich nehme ich seine Warnung ernst, ich bin ja nicht blöd, auch wenn ich das zum ersten Mal höre. Aber die allermeisten Fahrer sind Männer. Ich kenne zwar eine Frau, die vor mir hierhin gefahren ist (schöne Grüße Susanne!), aber mir sind bisher nur Männer on Tour begegnet. Selbstfahrende Frauen sind eh selten, schon gar nicht auf solch einer Tour. So danke ich Dan für seine Infos, setze mich zu MickiDie und suchen nach Hotels. Ich werde jedenfalls nicht zelten. Das ist mir zu heikel.

Dan Armstrong, Herr und Meister von Adventure Cycleworks

Dan Armstrong, Herr und Meister von Adventure Cycleworks und begnadeter Geschichtenerzähler

Übrigens trafen wir heute einen volleingesauten, deutschen F650GS-Dakar-Fahrer aus der Eifel. Alex war gerade von Deadhorse zurück und wollte sein Bike säubern. War nötig, das Nummernschild nur zu erahnen. Er erzählte uns von Griechen im Auto, die ihm von uns erzählt hätten. Und nun trifft er uns. Ist echt lustig, wie das Karussell sich dreht….

VGB

Fairbanks

Do, 20.8.15

Nein, der Denali= Mt Mc Kinley hat keine Lust auf uns. Wir sind da, aber der Campingplatz ist voll. Die nächsten auch, in 10 Meilen Entfernung gibts noch was, aber die Busse rein in den Nationalpark sind schon alle bis mittags ausgebucht. Da wären wir also bis abends unterwegs ohne weiterreisen zu können. Und wiedermal steht uns das Wochenende im Weg. Wir kämen frühestens erst Freitags an, und hätten vor dem Wochenende keine neuen Reifen und somit wieder bis Dienstag zu warten…. Da hatten wir keine Lust drauf. Also tschüss Denali – wenigstens einen Blick auf deinen Gipfel gönnst du uns, mehr nicht. Aber stimmt, das ist schon mehr als die meisten bekommen. Denn 80 % der Besucher

sehen den Gipfel in Wolken.

Der Denali, höchster Berg Nordamerikas (6194m)

Der Denali, höchster Berg Nordamerikas (6194m)

Eine typische Tankstelle in Alaska, also in der Mitte von nichts...

Eine typische Tankstelle in Alaska, also in der Mitte von nichts…

Und schon wieder eine Baustelle...

Und schon wieder eine Baustelle…

 

Hier wie versprochen ein paar Bilder von Seward (Schiffstour)

_MG_9555 im Sommer türkisblau, im Winter grauweiß – das Wasser des Pazifiks

_MG_9567_MG_9563 Puffins -Papageientaucher_MG_9537 _MG_9574 ein Weißopfseeadler auf dem Felsen

_MG_9580Orcas (Killerwale oder Waleskiller? Die Killerwale kamen zu ihrem Namen, weil sie andere Wale gejagt haben. Dies beobachteten die Seeleute und nannten sie deshalb Waleskiller, was zu Killerwalen wurde. Sie haben aber niemals Menschen angefallen…

_MG_9567_MG_9611Holgate Glacier – ein beeindruckender Gletscher. Er kalbte und es donnerte mächtig. Wenn man still ist, kann man das Knacken über den Schiffsmotor hinaus hören.

_MG_9630_MG_9644 So sagt der Buckelwal „Auf Wiedersehen“. Erst taucht er an der Oberfläche, holt 2 – 3 mal Luft und wenn er einen Buckel macht und die Fluke zeigt, dann taucht er tief ab für 20 – 30 min.

_MG_9662Andere fotografieren so! Mit Großgeräten. Früher wurden die Geräte immer kleiner, aber anscheinend braucht man heute wieder Größe!

_MG_9665 DAS halten andere von der Tour – er war bei weitem nicht der einzige…..

_MG_9724Seelöwen, einer möchtiger als der andere. Die haben sich auch ebenso mächtig angebrüllt. Wow!_MG_9728 Wieso verfärbt sich das Wasser plötzlich?

_MG_9731Weil dort Millionen von Quallen treiben. Wahnsinn, oder?!

Die Bilder von Anchorage kommen später. Ich hab jetzt fast 2 Std. für 14 Bilder rauf laden hier gesessen, sorry, aber ich hab erstmal genug.

Back on the road

Di. 18.8.15

We are back on the road, ich hab mein Mädel zurück und das zu Fuß gehen hat ein Ende. Sofort machen wir uns auf den Weg zum Seeflughafen. Ich könnte stundenlang hier sitzen und zuschauen wie die Flugzeuge landen und starten. Aber es fängt wieder an zu regnen. Und wir haben die Wäsche draußen hängen, weil die Sonne heute morgen schien. Na, egal, hoffen wir auf morgiges trockenes Wetter.

Es geht auf nach Denali – vielleicht zeigt er sich ja morgen.

Bis bald also

B

Ein harter Tag

Sa. 15.8.15

Ein harter Tag liegt hinter mir! Mein Mopped streikt seit gestern Nachmittag, es lässt sich nur noch in den ersten Gang schalten. so verschieben wir unsere Hafenpläne und schippern im slowfox zum Moppedshop, wo wir kurz NACH Ladenschluss ankommen. Aber wir waren angekündigt und das ist alles kein Problem – zumindest hier! Sie wissen auch keinen Rat, schauten heute morgen rein, es ist irgendwas innendrin verbogen… Wir haben also bis Mittwoch eine herrliche Zwangspause bei Schittwetter! Na bravo! 

Dafür durfte ich dann heute morgen 2 ½ Std. frierender Weise bei 7 °C hintendrauf bei M. nach Seward zum „Böötchen“ schippern, weil wir das gestern morgen gebucht hatten. Dann 6 Std. auf dem Katamaran – jej is der schnell! Ich habe verflixt heftig mit Seekrankheit zu kämpfen und habe schon diverse Versuche mit und ohne Medikamente erfolglos überstanden. Diesmal habe ich neue Tabletten ausprobiert, die gut geholfen haben – nur eine halbe Std. zu kurz. Also habe ich wieder heftig gelitten, obwohl das Meer so glatt wie ein Kinderpopo war. Es geht kaum glatter, dann wäre es spiegelglatt, aber so windstill geht wohl nicht. Nach wundervollen Momenten am kalbenden Gletscher (die anderen Gletscher sind leider alle im Nebel und Regen verschwunden) bei den Killer- und Buckelwalen, Delphinen, Seelöwen Papageientauchern… wir waren so nah dran – ging es natürlich bei Regen uns eisiger Kälte 3 Std. lang auf dem Mopped hintendrauf wieder zurück! Ich habs überlebt – mein Mann auch. Wer mich hintendrauf mal erlebt hat, weiß, dass dies keineswegs selbstverständlich ist. Ich habe mein bestes gegeben, aber es fällt mir so schwer, hinten locker zu lassen. Meist bin ich so angespannt, so furchtbar ängstlich, wenn M. im Schritttempo wendet oder sich in die Kurve legt. Ich hasse das! Ich liebe Schräglage, wenn ich sie selbst in der Hand habe und hasse sie, wenn ich ausgeliefert bin! M. übrigens umgekehrt genauso. Deshalb ist das bei uns ungeschriebenes Gesetz: Dessen Mopped, dessen Fahrer. So hatte ich also keine Wahl, entweder hintendrauf oder Geld der Böötchentour futsch. 

Es war zwar hart, aber es hat sich doch gelohnt. Nu sitze ich in der Kneipe bei einem Radler und wärme mich wieder auf. 

VGB

Anchorage

Fr. 14.8.15

Wir sind über Beaver Creek nach Alaska (zum 2. Mal) eingereist. Der Zollbeamte in Kanada war nicht zu sehen, der in Amerika nahm dafür seine Aufgabe äußerst ernst. Er sah in den Pass und fragte neben dem üblichen (wie lange, wohin, Feuerwaffen…)   wann wir wieder in Deutschland wären. Huhhh, vielleicht Juni nächsten Jahres. „But your Visum is only valid until December 31.“ Ja, weiß, ich, aber wir wollen nach Südamerika und das braucht auch ein halbes Jahr. Aber das Visum ist nur bis zum 31. Dezember. Ja, und?! Weiß der Mann nicht, dass zwischen USA noch ganz Zentralamerika liegt, dass ich VOR dem halben Jahr Südamerika durchfahren muss? Also bleib mal locker, Mann! Sollte ich an diesem Tag noch in den USA verweilen, hab ich weiß Gott andere Probleme, als das Visum.

Wir wollen zum Denali, trotz Zwischentanken wird es eng mit dem Sprit. Es hätte vermutlich gereicht, aber wir wollen sicher gehen und suchen eine Tanke. Mehrere sind aufgegeben, obwohl sie in meinen NAGELNEUENm teuren Garminkarten aufgeführt sind. Andere schon geschlossen, wieder einer ist „running out of fuel, sorry’“. Endlich Benzin gefunden, sind 200 km verbraten, 2 Std. Fahrt umsonst und insgesamt über 600 Tageskilometer, aber vor allem Fahrt in die falsche Richtung. Dann noch ein Campingplatz (der einzig verfügbare) für stolze 15 Dollar, dafür aber ohne Trinkwasser und mit Plumpsklo. Ich hab den Kaffee auf. Schon halber Weg Richtung Anchorage drehe ich nicht noch mal um, um den blöden Denali Berg zu sehen. Ich habe es versucht, sollte nicht sein. Gut is. Aber M. will unbedingt dahin. Einzige, pragmatische Lösung: Ich rechts herum 300 km direkt nach Anchorage, vorbei an den frisch beschneiten Gipfeln der Berge, die mich bis nach Anchorage begleiten.

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M. fährt links herum 700 km über Denali Highway nach Anchorage. Der Denali versteckt sich hinter den Wolken und ist nicht zu sehen, dafür aber eine Elchkuh.

_MG_9511 _MG_9502Ausblicke vom Denali Hwy auf die Alaska Range

Ich dagegen bin schon mittags in Anchorage und sondiere die Lage: Ich organisiere den Campingplatz und die Registrierung beim Harleyhändler. Jep! Bei der Konkurrenz. Der ist weltberühmt, denn schon in Deutschland hörten wir von ihm, weil jeder Biker dort sein Zelt kostenlos auf der Wiese nebenan aufschlagen kann und sogar WC und Dusche zur Verfügung stellt. Außerdem besorge ich neue Reifen in Fairbanks, denn hier ist alles ausverkauft. Die sind so nett in dem Reifenladen, dass sie traurig sind, mir nicht mit Reifen weiterhelfen zu können, dass sie sich darum bei der Konkurrenz bemühen. Als „Entschuldigung“ bitten sie mich, uns in das Gästebuch einzutragen und laden einige Std. später zur Party ein, „wenn ich hungrig sei“. Natürlich bin ich hungrig. Immer! Ist doch klar! Was kann man einem Traveller besseres bieten, als etwas leckeres zu essen, was er nicht selber brutzeln muss???? Für Kost und Logis war also gesorgt. (Der Aufbau des Zeltes entfällt für mich, denn das hat M. ja auf seinem Bike.) So kann ich mich getrost der Party widmen, während M. seiner Aufgabe walten muss, ätschibätsch! Den Abend beschließen wir (satt und drüsch!) gemeinsam mit wunderbaren Inputs der Reisegruppe aus Neuseeland, die mit gemischten Bikes schon in Pruedoebay waren und (teilweise) ebenso wie wir auf dem Weg nach Ushuaya sind. Sie machen mir Mut, bis wirklich ganz nach oben zu fahren. So weit gereist und kurz vorher kneifen? Bloß nicht! Das sei nicht nötig, weil der Weg nach Coldfoot nicht leichter ist, als der weiter nach Prudoebay. Dann könnte ich auch durch bis hintenhin fahren. Das will ich dann auch versuchen.

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Vorher aber genießen wir einen Tag Ruhe in Anchorage, die Stadt, ein bisschen Zeit für sich, vielleicht morgen einen Ausflug mit dem Bööötchen (hoffentlich hält sich das Schaukeln in Grenzen) zu den Gletschern und Walen…

Bis bald VGB