Edit: Wir haben noch Glück mit dem Sturm gehabt, südlich und nördlich gab es richtig dickes Unwetter mit Tornado und so – und wir waren also genau dazwischen, haben die Randbereiche mitbekommen, aber nicht das Schlimmste. Wir hatten den einzigen Ort gewählt, der glimpflich davon gekommen ist. Außerdem hat uns der Mcdoof-Manager betuppt. alle Coupons sind ungültig. Also richtig betitelt!
Falls ihr jetzt irritiert seid: Ja, es sieht hier aus wie in der Eifel, weil M. doppelt so viele km durch die Nebenstrecken fährt, denn da sind endlich mal wieder Kurven zu finden. Endlich mal wieder, anstatt permanent gerade aus. Da kann man auch Dosenbahn fahren, die nennen sich hier freeways, und kosten deshalb meist Geld!
Und Nein, wir sind NICHT gestürzt, auch wenn ich wieder genau weiß, warum ich seid 5 Jahren mehrfach jährlich Trainings (verschiedenster Art on- wie offroad) absolviere und dies nur jedem anrate: Seid ich offroad fahre, fahre ich anders auf der Straße. Aber wieso dann Blümchenpflücken? Gab es etwa Flugstunden??? Gemach, gemach! Eins nach dem anderen.
Wir kommen wieder mal nicht richtig in die Pötte, obwohl wir immer die ersten sind, die auf dem Campingplatz aufstehen. Aber es ist schön zu trödeln, mein Buch gerade so spannend, der Kaffee bei mcdoof so lecker und das wifi-skypen mit den lieben Kleinen zu Hause so seelenbalsamierend. 🙂 Endlich on the road haben wir heute bei herrlichem Sonnenschein keine Lust auf Strecke machen, suchen lieber die Kurven, auch wenn es doppelt so weit ist. Irgendwann überlegen wir uns, mal ein Päuschen einzulegen. Da finden wir nach exakt 100,0 km einen wunderschönen alten Chevrolet Impala am Straßenrand, herrlich restauriert, in rot innen und außen weiß. M. kann nicht widerstehen. Er MUSS ein Foto haben, dreht und springt auch gleich vom Mopped.

Ich dagegen sehe nur das Schild dort am Haus. Dort könnte man doch auch einen kleinen Drink bekommen. Gesagt getan und so tauchen wir gleich in eine andere Zeit ein. WAS FÜR EIN LOKAL. Ich bitte M. noch ein paar Fotos für das Innenleben aufzusparen. Genial, Bilder aus den Anfängen des letzten Jahrhunderts bis über die Schwarzweißfilme hin zu „heutigen“ Musikgrößen wie Jonny Cash etc.hängen bis unter die Decke.

Especially für die Jugend
Nach M.s Mopped wurde sogar schon eine Straße benannt (;-)

Wir entschließen uns zu einem kleinen Happen: Einem Weißnichwie-RIP-Sandwich. Es war tatsächlich ausschließlich Brötchen mit hauchdünnen Fleischscheibchen, aber was für welche!!! Es schmeckte nach Rauch und zerging auf der Zunge. Ich fragte nach der Machart, und wirklich, es wird zuerst Steakfleisch im Smoker stdlang. geräuchert, in feine Scheiben geschnitten und dann gebraten. Ein Gaumenschmauß! Wie gut, dass wir der Empfehlung der Dame gefolgt sind.
Nun ist es schon 4 und richtig vorangekommen sind wir noch nicht. Na egal. Noch in Gedanken von dem örtlich berühmt-berüchtigten Lokal fahren wir auf eine Kurve zu. Ich sage nur ein Wort und jeder Biker weiß, was das heißt: Splitt! M. fährt Ideallinie und versetzt hinten, fährt aber unbeirrt weiter. Ich dagegen will lieber außen um den dicken Kram rum, in der Hoffnung, dass der Splitt selten überall gleichmäßig verteilt ist. War er auch nicht, aber der feine Splitt in der Mitte der Straße lässt auch mein Hinterrad wegrutschen. Normalerweise würde jetzt folgendes passieren: Hässliche Geräusche von aufjaulendem Mopped und hässliche Ausdrücke die meist mit Sch… anfangen (piep – wir haben ja mitlesende Kinder!) – weitere Hottorszenarien ersparen wir uns! Wie gesagt: Normalerweise und vor 5 Jahren wäre ich hier auch SICHER gestürzt. So aber nicht heute. Wie schon öfters in Europa geübt heißt das: 1. Motorrad aufrichten/einfangen, 2. schlingernde Fuhre stabilisieren 3. bremsen mit weit nach vorne gerichtetem Blick 4. chickenway suchen 5. den auch FAHREN und sicher anhalten. Das liest sich alles minutenlang, reale Dauer aber nur 2 Sekunden. Okee theoretisch geht das immer alles einfach, aber zugegeben, auch hier gab es Komplikationen: Durch die Änderung meiner „Ideal“linie war ich ohnehin schon auf dem Mittelstreifen. Durch das Wegrutschen ging mir die Straße nach links aus, was bedeutete, dass ich auf den Randstreifen ausweichen musste. Auch wenn ich keine Angst (mehr) vor offroad/Randstreifen habe, so fiel der doch innerhalb von nur 70 cm Breite ca 2 m tief steil ab. Hüfthohes Gras ließen die tatsächliche Tiefe und den evtl vorhandenen Wasserstand im Unklaren. Ich wollte das ehrlicherweise aber auch nicht ergründen, wusste ich doch, dass ich – einmal da drin – nie wieder rauskommen würde. So versuchte ich also bremsenderweise mit Straßenreifen auf dem Randstreifen anzuhalten. Ging natürlich nicht – Splitt und feuchtes Gras mit Straßenreifen – keine Chance. So rutschte ich über die Kante Richtung unten. So langsam wie ich mittlerweile war, hab ich sie einfach rechts in den Hang abgewürgt und dort „geparkt“, abgestiegen und auf M gewartet, wusste ich doch, dass alle meine Versuche, die Fuhre selbst zu retten, in noch größerer Bredouille enden würden. Ready pflückte also einige wenige Blümchen – ich konnte ihn nicht davon abhalten. Aber auf Wunsch einer einzelnen Dame gab es nur die obere Hanglage zur Auswahl. Die tieferen Regionen waren nicht freigegeben. Meine Aufregung tendierte gegen null. Es war weder mir noch Ready was passiert und die Szenarien hatte ich zuvor oft genug geübt und waren bekannt, so dass ich sie zum Glück nur abrufen musste.

Wir fahren also weiter und suchen uns nach weiteren 100 km einen Macdoof in Prairie du chien (übersetzt aus dem Frz: Hundeprärie) für die Kaffeepause. Während wir dort so sitzen und über den Campingplatz etc sinnieren, fragt der Nachbar am Fenster: Sorry Mam, ist dies ihr Motorrad. Sch… ja!!! Sie lag auf der Seite! Ich hatte doch gerade noch geschaut und alles war ok, wie ist das denn passiert??? Tja, der Parkplatzasphalt war bei der Hitze von 30 ° zu weich und zu dünn, um mein Mopped auszuhalten und ist nach 1 Std Widerstand über den Seitenständer im Boden versunken. Da M. noch eine Verbreiterung drunter hat, blieb seine stehen. Unglaublich, jetzt muss man schon eine extraplatte auf Asphalt unterlegen, damit sie nicht kippt. Der Manager wollte uns als Wiedergutmachung freien Verzehr für den heutigen Tag zubilligen – für 30 Dollar!!! Ganz ehrlich, das habe ich selbst mit allen meinen Kindern noch nie bei denen ausgegeben. Wie hätte ich das zu zweit schaffen sollen und dann noch auf so einen herrlichen Rib-burger handmade obendrauf??? Nach langer Diskussion war Mcdoof bereit, Coupons im Wert der abgebrochenen Zusatzfußraste zu „spendieren“. Leider ist auch das Gegenstück für das Schloss des linken Koffers zerbrochen, was ich aber erst auf dem Campingplatz gesehen habe. Man stelle sich das vor! Zweimal lag sie, einmal rechts und einmal links an nur einem Nachmittag.

Fazit: Mögen alle unsere Erdkontakte auf der Reise so glimpflich ausgehen wie diese beiden!!!
Zum Trost haben wir uns noch nett mit James, dem Tschechoslowaken und Terry, dem Flussschiffer unterhalten, die uns wegen drohende Gewitterstürme den Weg nach Norden empfohlen haben. So sind wir noch knapp 100 km weiter fast immer den Mississippi entlang gefahren. Eine herrliche Strecke, nur schade, dass es schon dunkel wurde. Wahnsinn! Jetzt fahren wir an einem der berühmtesten Flüsse mit den eigenen Maschinen entlang!
By the way: von James weiß ich, dass Dvorak genau hier in dieser Region gelebt und seine 9. Sinfonie „Aus der neuen Welt“ geschrieben hat. So habe ich seine Musik im Kopf, als wir den Mississippi entlang fahren. Jawoll, genau das muss er gesehen haben, wie sich der Fluss auf fast 2 km öffnet, wie er dann sanft plätschert, säuselt. So wie die Musik eben. Aha, das hat er also gemeint. Ich hätte gedacht, er spricht von der Weite der Kornfelder. Vielleicht sollte ich das mal irgendwann genauer recherchieren, wenn ich mal Zeit habe ;-).
Wir müssen endlich lernen unsere Zeit besser einzuteilen! Jedesmal gibt es nur ein schnelles bis gar kein Abendbrot und den Aufbau des Zeltes im Wettlauf mit den Mücken in der Dunkelheit… (Ich lasse dabei lieber meine komplette Montur an, auch wenn es heiß wie in der Sauna ist). Heute ist deshalb der Speisesaal auf 2 qm begrenzt, weil wir IM Zelt essen.
Ein ereignisreicher Tag geht mit Getute der nahen Eisenbahnlinie und dem Bollern der nahen Schiffsmotoren zu Ende.
Mögen alle Daheimgebliebenen gesund und munter sein. VGB.
PS: Liebe Eltern, wir haben schon 3 mal versucht, euch anzuskypen. Ihr seid immer offline. Meldet euch mal on. Ggf. ruft D. an…
Add: Heute Nacht um 2 holte uns der Gewittersturm ein. Der beste aller Reisegefährten bemerkte es rechtzeitig und hatte beim Gewitterleuchten schon das Zelt abgespannt und gesichert. Aber unter Gewitterleuchten müsst ihr euch permanentes Blitzen vorstellen. Dann kam der Wind, dann die Donner von rechts. Aber zum Glück bog der Sturm vor uns ab. Glück gehabt, ich atme auf und versuche wieder einzuschlafen. Zu früh gefreut, 30 min später: Der Sturm kehrt zurück – er hat wohl noch was vergessen… so ein Mist. Könnt ihr euch vorstellen, wie laut es im Zelt ist, wenn der Wind heftig dran rüttelt und es aus Eimern schüttet? Dann die permanenten Blitze und das herannahende Donnern. Puh, ich habe nicht nur ein Gebet zum Himmel geschickt, das könnt ihr mir glauben. Ich mache kaum ein Auge zu, während mein Göttergatte neben mir leicht schnarcht. So eine Gemeinheit! Die dichtesten Donner sind immer noch 300 m entfernt, und am nächsten Morgen fragen uns reihum die Nachbarn, ob wir nass geworden sind. Nein, sind wir nicht, wir haben gute Ausrüstung. Aber DAS hätten sie mich doch mal früher fragen können und mir Asyl anbieten können. Na, das habe ich jetzt gefunden. Wir sitzen im Café und genehmigen uns erstmal einen gescheiten Kaffee, während draußen die Mädels schon wieder braten.