Weites Brasilien

Sa 23.4.16

Ich wusste schon vorher: Brasilien ist groß. Aber so richtig begreift man das wieder erst, wenn man es im wahrsten Sinne er“fährt“. Die Landschaft ist schön grün und es sieht aus wie im oberbergischen: Grüne Wiesen, Felder, Bäume, hübsch hügelig und kurvig – nur nicht so eng kurvig wie dort. Man braucht kein Gas wegnehmen, sondern kann dran bleiben. Schlagartig ist es fast 30 Grad. Dabei hab ich gestern noch gefroren und die Heizung angemacht und auch heute morgen noch sah es trotz blauem Himmel nach heftigem Regen aus. Die dunklen Wolken haben die ganze Nacht lang ihr Können gezeigt und auch heute Morgen sieht es nicht danach aus, als ob sie aufgeben wollen. So ziehen wir mal gleich die Regensachen an. Trotz 24 Grad schon. Aber es bleibt trocken und wir suchen von Tanke zu Tanke nach gutem Sprit. Aber es gibt nur „comun“ (87 Oktan) und denselben mit Additiven = ca 90 Oktan, also schlechten Sprit. Es soll irgendwo an der übernächsten was geben. Fehlanzeige. In 12 km. Fehlanzeige. In der nächsten Stadt = 56 km entfernt. Die Reserve ist noch nicht an,obwohl wir das jeden Moment erwarten. Es müsste also hinkommen. Wir fahren weiter. In der nächsten Stadt Santa Maria gibt es Shell-Tankstellen, die wir bisher nicht befragt haben. Dort fragen wir nach und tatsächlich haben sie den guten Sprit. V-Power heißt der hier. Wir tanken tatsächlich 48,7 Liter! Wohlgemerkt Fassungsvermögen von 24 Litern – laut Hersteller. Auf Reserve seit 35 km. Na, das war wohl knapp, aber 480 km mit einer Tankfüllung gefahren. Hier ziehe ich endlich die Regenjacke aus. Ich schmore im eigenen Saft.

Gleich 2 km später gibt es mitten in der Baustelle einen Supermarkt und wir müssen uns den Weg dorthin über holprige, faustdicke Steinwege suchen. Aber schnell stehe ich auf den Fußrasten und so ist das alles kein Problem. Wie gut, dass ich das immer noch kann. 😉 Ich kaufe ein paar Sachen ein. Es kostet nicht viel. Brötchen (das einzig „frische“, was ich bekommen kann, wird gerade eingepackt) kosten nur knapp 2 Regales, umgerechnet 15 Cent pro Stück. Dafür ist es dann aber auch schon nach einer halben Std. später zäh. (Bäh!). Die 5 l Wasserflasche kostet am meisten. fast 14 Regales = 3,50. Hups! Das ist aber teuer!

Wir suchen eine Bank im zentralen Park. Bisher hatte jede Stadt in  Zentral- oder Südamerika einen solchen – egal wie arm die Stadt oder Leute auch waren. Aber hier in Santa Maria finden wir weder einen Park noch eine Bank. So fahren wir einfach raus aus der Stadt und setzen uns in einer Seitenstraße auf die Bank in einem Bushäuschen und schmausen. 

Bis nach Cruz Alta RS sind es noch 120 km. Das schaffen wir noch bis Sonnenuntergang. Auch das Hotel dort kostet nur 25 Euro – für uns beide. Einfach, aber sauber mit Wifi. Was will (oder braucht?) man mehr? Unten grillt man – wohl ein Fest. Ich will noch eben die Trinkflasche von Markus auffüllen und wundere mich über den merkwürdigen Geruch der 5l Flasche beim Öffnen. Ich schnuppere dran und verziehe das Gesicht. Da sehe ich es: Auf dem Etikett steht „Vinaigre“. Ich doof! Ich hab noch nie 5 Liter so klaren Essigs auf einmal gesehen. So nehme ich die Flasche und frage nebenan auf dem Grillfest nach, ob den jemand gebrauchen kann. Ich verstehe kein Wort, sie kucken mich ebenso an wie Auto. Ich mache eine eindeutige Geste und verabschiede mich. Guten Appetit, gutes Waschen, Gelingen, viel Freude oder was auch immer damit! 

Ehe ich erfrischend geduscht hab, ist es auch schon wieder dunkel und immer noch drückend warm. Wir gehen den Kilometer in den Ort zum Supermarkt neues „Wasser“ und „Radler“ kaufen. Wir fühlen uns nicht bedrängt oder unwohl. Die Leute hier auf dem Land sind nicht reich. Das sieht man. Die Häuser sind etwas heruntergekommen und ihre Bildung beschränkt sich auf portugiesisch. Aber sie lächeln alle und lachen herzhaft, als ich (genauso wie Sie auf meine Frage) mit „Como?“ auf ihre Frage antworte. Auch sie wollen eigentlich nur in Frieden leben und arbeiten. 

VGB

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