Island 2012 Tag 9

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Warten lohnt sich

Endlich, nach einer ordentlichen Kaffeezeremonie kommt die Sonne raus. Und endlich: Das neue Objektiv ist da.

Wir holen es in Egilsstadir ab und fahren eine Runde ins Inland hinein, weg von der Ringstraße. Das neue Objektiv wird gleich ausgiebig getestet. Zuerst geht’s über Schotter am nordwestlichen Ufer des Lagafljöt entlang – so stelle ich mir Urlaub vor: Bei herrlichem Sonnenschein stundenlang an nichts denkend an einem Seeufer entlang einem schönen Arsch hinterherfahren. Herz, was willste mehr!

Kurz vor Ende des Sees biegen wir rechts auf die F 910 ins Hochland ab. Nach einigen Kehren und 600 Höhenmetern gelangen wir auf ein völlig vegetationsloses Hochplateau mit dem Vatnajökull am Horizont und wolkenlosem Himmel – eine atemberaubende Landschaft. Nur das Asphaltband verläuft nach Süden, sonst ändert sich nichts. Die Gletscher kommen selbst nach 20 km nicht näher.

Am Horizont zieht der Herdubreid (der Sage nach Asgard, der Sitz der Götter) vorbei und irgendwann biegt die F 910 nach Westen ab. Wir machen aber einen Abstecher zu zwei Speicherseen, die Teil des Karahnjukar-Projekts sind: dem Ufsarlon, der wegen Reparaturarbeiten trocken liegt, und dem halbgefüllten Kelduarlon, von dem große Stollen mit bis zu 7 m Durchmesser ins Tal gehen, um dort durch Wasserkraft Strom zu erzeugen. Zurück auf der F 910 lassen wir den Abstecher zum Snaefell aus und fahren zum Karahnjukar-Stausee. Dieser 200m hohe Staudamm ist weltweit einer der größten seiner Art und erschuf einen Stausee von 57 km2. Wichtig für die Stromversorgung einerseits hat dies doch hohen ökologischen Schaden angerichtet: Die Rentiere verlieren angestammte Naturflächen; die 90 m tiefe Schlucht des Jokulsai Fljöts ist nahezu trocken gefallen. Was dies für darunter liegende Gebiete bedeutet mag sich jeder selbst ausrechnen. Ebenso, ob die Energiegewinnung für das 100 km entfernte Aluminiumwerk ökologisch sinnvoll ist, da die Rohstoffe erst mit Schiffen nach Island gebracht werden müssen.

Die Probleme Islands werden nicht von uns gelöst, also schwingen wir uns wieder in den Sattel. Es ist uns aber zu langweilig, denselben Weg zurück zu fahren, so zweigen wir an einer ebenso kleinen wie einsamen, namenlosen Piste ab, die uns über eine herrlich unwegsame Strecke zur F 923 zurück und später auf die Ringstraße bringt. Hier erwischt uns der Nieselregen bei mittlerweile nur noch 3,5 °C. Vollkommen durchgefroren erreichen wir den Campingplatz, wo zu allem Überfluss der Campinkocher die Zusammenarbeit trotz aller Reparaturversuche aufkündigt. Trotzdem: Welch herrlicher Tag!

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