Do 26.11.15
Wir fahren über eine herrliche Straße nach Milcumbres. Das müsste eigentlich Milcurvas (Tausendkurven) heißen, weil es keine Geraden gibt und auch keinen Verkehr. So fliegen wir nur so durch die Landschaft, die zwischen 2000 und 2800 Metern hoch liegt. Die Höhe merkt man gar nicht, denn es herrscht dichter Waldbestand. Bei uns wäre hier schon kaum mehr ein Baum.

Milcumbres – eine der 1000 Kurven
Danach geht aber der Verkehr los – Einzugsgebiet von Mexiko-Stadt. Es wird anstrengend, weil wir dauern überholen müssen um einigermaßen voranzukommen. Irgendwann hängen wir dann im dicken Verkehr. Eigentlich wollten wir hier großräumig umfahren, weil sich nur der alte Kern von Mexiko-Stadt lohnt zu sehen. Aber wir brauchen die wasserdichten Innentaschen, da unsere Koffer nicht mehr so ganz dicht sind. (Das Schicken aus Deutschland hat ja leider nicht geklappt.) Dazu müssen wir nach Lerma bei Toluca – in den Außenring von Mexiko Stadt. Dort baut touratech gerade ein Standbein auf. Interessant zu sehen. Der Verkehr ist heftig, aber nicht mörderisch, wie uns viele Leute gewarnt haben. Entweder sind wir schon abgebrüht oder es kommt nur auf die Sichtweise an. Für die defensiv fahrenden Amerikaner ist dies sicherlich der Horror. Aber wir kennen den Verkehr von Barcelona, Rom, ja selbst Köln und Düsseldorf. Da ist das hier noch nett gegen, weil jeder jeden wahrnimmt, drauf aufpasst und Lücken lässt, damit der Verkehr fließt. In D-land besteht jeder auf seinem Recht und schon knallt es. Rums! War ja nicht meine Schuld, der hat nicht aufgepasst. Stau, Hupen, Ärger… Besonders die Motorradfahrer haben hier einen besonderen Status. Auch wenn es eng ist, so habe ich noch keinen hupen gehört, in ganz Mexiko nicht.
Ein Thema habe ich noch gar nicht angeschnitten: die Topes! Normalerweise beschwert sich jeder Berichterstatter darüber. Warum ich nicht? Sie nerven, ja! Aber sie stören uns nicht übermäßig. Im Gegenteil, man kann dort immer wunderbar überholen, weil ALLE anderen sehr viel langsamer sind. Auch der Gegenverkehr. Die LKW kriechen darüber in weniger als Schrittgeschwindigkeit, die Autos müssen auf 10-20 km/h runter und wir fahren einfach darüber. Das große Vorderrad und das Fahrwerk bügeln das weg. Da schlägt nix durch, da springt nix. DAS war die beste Investition ins Mopped. Teuer, aber jeden Cent wert.
VGB
Fr. 27.11.15
Wir haben im Hotel in Lerma übernachtet. 8 Grad beim Aufstehen. Aber ehe wir gepackt haben sind es schon 18. Ich ziehe trotzdem lieber noch ein langärmeliges Shirt drüber, auch wenn es gleich noch ein paar grad wärmer wird. Das Motorrad vor dem Fenster stand auf einem mit Schranke bewachten Parkplatz. So konnten wir ruhig schlafen. Irgendwie war mir gestern Abend nicht gut, mir war kalt und so packte ich mich angezogen ab ins Bett. Erst halb 8, aber die Dame schon erledigt. Na egal. Morgens früh um 7 wieder frisch geht’s ab zum Frühstück. Das tolle, saubere Zimmer lässt gutes ahnen, auch die Speisekarte, die ich zwar studiert, aber am Abend zuvor nicht ausprobiert habe. Aber das Frühstück ist enttäuschend. Die Eier mit altem Frittierfett gebraten, der Quesadilla eklig, dass ich sogar den Happen ausspucke und der extra zu bezahlende Cappuccino besteht nur aus Milch, dass sogar ein „Latte“ in den USA blass vor Neid wird. Nur die Früchte sind lecker.
Wir fahren eine herrliche Straße nach „Tres Maria“ – auch nach fast 40 Tausend Kilometern in knapp 5 Monaten zaubert uns solches Fahren immer noch das Grinsen ins Gesicht. Plötzlich werden mir die Hände kalt. Hä? Wieso das denn? Achja, sind nur 14 Grad. Moment… nur 14? Warum das schon wieder? Das Navi zeigt stolze 3500 Höhenmeter an. Na, dann kein Wunder. Wir fahren munter weiter, die Griffheizung wird’s schon meistern. Plötzlich ist es irgendwie ungemütlich warm. Ich schaue aufs Thermometer: über 30 Grad und schaue aufs Navi, nur noch 1300 m. Irgendwie merkt man diesen Unterschied gar nicht. Es „kurvt“ so schön.
Weil wir die Taschen umgeräumt haben und einige Dinge repariert haben, sind wir morgens erst spät losgekommen. So überlegen wir, wo es lang gehen soll. Über die freie Straße mit all den Topes kommt man nicht schnell voran und muss einen großen Umweg in Kauf nehmen. Die Mautstraße kann man ja die paar Kilometer dazwischen in Kauf nehmen. Gesagt, getan, 2 Moppeds kosten soviel wie ein Auto! Nach 10 km fahren wir wieder ab. Aber was ist das? Schon wieder Maut? Beim Rausfahren? Nein, hier wäre auch eine Mautstraße. Die ist zwar nur einspurig, kostet aber trotzdem Geld. Nach 5 km wieder, nach weiteren 5 km wieder eine Mautstelle, die aber noch nicht fertig ist und deshalb nicht zu bezahlen ist. Welch eine Abzocke! Wegelagerer pur! Keine Möglichkeit abzufahren und alle paar km kassieren. Das ist Erpressung! Moderne Conquistadores! Und dabei zählen die mexikanischen Autobahnen schon zu den teuersten auf der Welt. Sie wollten mir erklären, dass in meinem Land die Autobahnen doch sicher auch Geld kosten. Nein! Tun sie nicht (zumindest NIOCH nicht). Dies nimmt er dann mit erstauntem Gesicht zur Kenntnis, entlässt mich aber erst, nachdem ich gelöhnt habe. Wenn ihr jetzt denkt, dafür käme ich dann schneller vorwärts, so habt ihr euch getäuscht. Es ist halb 2 und erst 100 km gefahren. Um halb 3 weitere 50, aber M. braucht dringend eine „Augenpflege“. So kommen wir um 17.00 Uhr nach 260 km in Acatlan an. Es wird in einer Std. dunkel und so bleiben wir hier mitten in der Stadt im Hotel.

Die Kirche in Acatlan
Es kostet nur 180 Pesos, umgerechnet 11 €. Mehr ist es auch nicht wert, klein mit Toilette und „Dusche“, ein kleines Doppelbett, ein Stuhl und ein kleiner Tisch. Ich glaube, die Zähne putze ich mir heute mit Wasser aus der Flasche und duschen brauche ich heute auch nicht! Der Hof ist sauber gefegt, die Wände frisch gestrichen, alles sehr ordentlich. Man gibt sich Mühe, das sieht man. Aber vermutlich kann sich der mexikanische Reisende keine teureren Zimmer leisten und der Hotelbesitzer von dem wenigen Geld keine Innenrenovierung bezahlen. So bleibt es bei dem spartanischen Ambiente der Zimmer!

frühmorgens auf dem Markt in Acatlan
Wir gehen noch etwas raus, Brot kaufen und um den großen Platz im Zentrum. M. probiert einen Taco. Wohlgemerkt EINEN! Für mich braucht er gar nicht fragen, das ist eh zu scharf. Da esse ich lieber gleich die Papaya, die ich heute mittag in Tres Maria gekauft habe. Kaum sitzen wir dort, wird es immer voller und alle Leute, die gerade im Park gesessen haben, stehen nun am Straßenrand Spalier. Was geht hier denn vor? Da geht es auch schon los. Polizei, Ambulanz mit tatütata und Werbeautos – buntes Treiben, bunt wie Karneval. Es kommt ein geschmückter Wagen nach dem anderen mit kostümierten Leuten oben drauf oder dazwischen laufend. Auf Nachfragen erfahren wir, dass heute der Geburtstag des Städtchens gefeiert wird. Welcher wusste man nicht, aber der würde immer so gefeiert. Prima!

Geburtstagsfeier

Hier gibt es keine Touristen, ein Städtchen mit nur Mexikanern. Wir fühlen uns sehr wohl in dem Gewühl. Wir haben keine Angst vor Überfällen oder sonstigem Übel. Trotzdem bitten wir den Nachtportier, das Tor zu schließen und ein Extraauge auf unsere Moppeds zu werfen. Als ich ihm dafür ein paar Pesos hinlege und ankündige, dieselbe Summe morgen nochmal dazu zu legen, wenn die Moppeds dort noch genauso stehen, lächelt er breit bis über beide Ohren.
Kurze Zeit später geht das Licht aus. Die Musikanlage vom Fest macht keinen Mucks mehr und die Menge pfeift. Stromausfall. Sonst passiert erstmal gar nichts. Der Nachtportier steht am Toreingang mit der Taschenlampe, um jedem Gast den Weg zu leuchten. Wir fragen ihn, ob das häufiger vorkäme. Nein, nur einmal im Jahr, wenn der Geburtstag gefeiert wird. Irgendwann geht der Lautsprecher wieder, 5 min. später auch die Musik. Nur bei uns ist noch kein Strom. Na macht nix, wir können auch ohne Licht ins Bett gehen.
Morgen werden wir dann aber sicher Oaxaca erreichen. Das soll ein wunderschönes Städtchen sein. Bin mal gespannt.
Bis dahin VGB