Fr. 11.3.16
Vollkommen zerstochen von den vielen Mücken im Zimmer habe ich wieder mal schlecht geschlafen. M. weiß, wie dem beizukommen ist: Er schlägt den gestrigen Kaffee – 6 km entfernt – vor! Schon zaubert er wieder ein Lächeln in mein Gesicht. Geld gibts aber immer noch keins. Die Stadt hat ALLEN Automaten bescheid gesagt. So können wir mit Mühe und Not und Trixerei der gewieften Bedienung den Kaffee mit Kreditkarte bezahlen. Dollar hätte ich sonst nach anzubieten gehabt.
Auf gen Süden. Nach ein paar wenigen Kurven über die Hügel geht es 100-e km Schnur geradeaus durch eine riesige Ebene auf 1100 – 1300 m Höhe, eingerahmt von kahlen Bergen. In der Ebene wachsen nur Büsche oder Gräser. Bäume gibt es nicht. Stundenlang geradeaus mit Tempomat – ohne einzuschlafen? Wie geht das denn? Zuhause brauche ich schon nach 1 Std. Autobahn Streichhölzer in den Augen. Und hier? Nichts! Es ist beeindruckend. Gestern haben wir bei 13 Grad den ganzen Tag gefroren, denn der Himmel war bewölkt. Und heute strahlt die Sonne wieder bei schnuckeligen 20 Grad. Klar, langsam merken wir den Wind des Südens, der die gefühlte Temperatur deutlich sinken lässt. Aber dennoch können wir uns beide nicht satt sehen an dieser Landschaft.
Der nächste Ort kommt: Mallagüe. Mittagspäuschen. Wunderschön gemacht. Wir treffen ein französisches Pärchen auf einem Gespann.

Ein altes Dnjepr-Gespann – Im Gespräch mit den französischen Besitzern.
Sie erzählen uns, dass sie zum 2. Mal hier im Süden 3 Monate lang Urlaub machen. In diesem Städtchen haben sie damals auch übernachtet, würden es aber nicht wiedererkennen, so sehr hätte es sich verändert. Ich will noch schnell aufs stille Örtchen und gehe dazu ins nächstgelegene Café. Dort ist außer dem Personal niemand. Ich darf kostenlos mal müssen und bei dieser Gelegenheit „revanchiere“ ich mich gerne mit der Bestellung eines schnellen Espressos. (Kaffee geht immer!) Wir kommen gleich nett ins Gespräch. Ich möchte anschließend zahlen, aber sie nehmen mein Geld nicht an. Nein, gern geschehen. Na, DAS ist mir auch noch nie passiert. Normalerweise muss man für den Klo als Nichtgast zahlen. Hier bekomme ich sogar noch den Kaffee dazu. Wahnsinn!
Der Franzose spricht von 60 km Piste auf der Ruta 40, dies hätte ihm die Wirtin gesagt. An der Tanke ist eine lange Schlange. Ich hab keine Lust umzudrehen und so fahren wir weiter. Immerhin – wofür habe ich denn den großen Tank. Ja, M. hat recht. Die nächste Tanke ist erst in 240 km und wir haben schon 190 drauf. Wenn die dann keinen Sprit hat, wird’s eng. Aber bis dahin genießen wir noch einmal die Wüste – im Regenschatten der Anden. Wahnsinn! Haben wir nicht erwartet. Und dennoch gibt es immer wieder Leute, die hier leben. Einzelne Häuser, einzelne kleine Ortschaften. Wovon lebt man hier?
Da, die Baustelle. 30 km lang wechseln sich kurze rudimentäre Teerstückchen mit Piste ab. Dann kommt wieder herrlicher Teer immer entlang des Rios, der in breitem Flussbett friedlich vor sich hindümpelt. Prima! Wir fliegen nur so durch die Landschaft. Dann gehts über eine kurze Brücke. Dafür, dass der Fluss gerade soviel Wasser hat, ist die Brücke aber sehr kurz. Dann muss der Canyon aber sehr tief sein, den der Rio hier gegraben hat. Wir schauen uns das genauer an. Klasse. Mitten im Nichts!

Unterwegs auf der Ruta 40.
Wir sind nicht die einzigen, die staunen und schnell ist man im Gespräch. Hier erfahren wir, dass ca 40 km Piste vor uns liegen. Schon wieder? Grrr. Diesmal ist die Piste aber sehr weich und mit reichlich Waschbrett bestückt. Im 2. oder 3. Gang langsam bei 30 – 40 km/h, mehr ist nicht drin. So dödeln wir 55 km lang. Na, dann meinte die Wirtin wohl eher diese Stelle. Dafür werden wir aber anschließend mit herrlichen Kurven entlang des Rios entschädigt.

Die berühmte Ruta 40, abwechselnd Teer- und Schotterabschnitte.
Plötzlich gehts um die Kurve und unter uns liegt eine Lagune mit Bäumen, Gras und allerlei Grün. Wie eine Oase. Genau abgegrenzt. Kurze Zeit darauf fahren wir über eine Brücke und kommen an ein paar Häusern vorbei. Der Fluss Rio Barancas markiert glaube ich die Grenze zu Patagonien. Willkommen!

Der Rio Barrancas, auf der anderen Flusseite liegt Patagonien.
Hier sind wir also „schon“ angekommen. Ist das die Tanke? Hoffentlich hat die auf. Ja, hat sie. Der Tankwart hat sogar guten 95-er und 98-er Sprit und ein Eis. Am Fenster kleben viele Aufkleber und ich frage, ob ich unseren dazukleben dürfe. Er freut sich und macht den Daumen hoch. Ehe ich meinen aufgeklebt habe, reicht er mir seinen rüber. Wow! Welche Freude. Ein Ruta 40 mit argentinischer Flagge und Kilometerangabe. Sofort will ich den M. zeigen, aber der ist gerade mit der Kamera verschwunden. Er holt gleich noch einen zweiten für ihn. Sofort kleben wir den drauf.
Ich frage den Tankwart derweil, was ihn denn hier hielte. Wie ich vermutet habe: Die Ruhe, die Landschaft, die viele Sonne und der Frieden hier. Außerdem gäbe es 4 km entfernt ein Dorf mit Geschäften des täglichen Lebens, alles was er brauche. Nö, einsam empfände er es hier nicht. Es gäbe sogar einen Campingplatz…
Aber den brauchen wir nicht. Wir suchen auch gerne die Ruhe, den Frieden und die endlose Weite der Wüstenlandschaft und des Himmels darüber.
Schnell gekocht, und schon öffnet sich das Sternenzelt. Wir sehen, wie die schmale Mondsichel innerhalb von nur 1 min. nach Berührung des Horizonts verschwindet und somit auch das letzte bisschen Licht mit ihm. Jetzt leuchten die Sterne in aller Pracht – sonst ist alles dunkel. Herrlich! Mittlerweile erkennen wir das Kreuz des Südens und die Magelan’schen Wolken auch ohne I-pad-Hilfe. Auch Jupiter, den Orion und die Pleiaden finden wir problemlos. Der Wind legt sich schlafen und ich mit offenem Zelteingang auch. Welch herrliches Erlebnis..

Wildcampen an der Ruta 40.
Gute N8
B.