Di. 9.2.16
Nachtrag gestern Abend: Wir liegen im Bett. Ich bin schon eingeschlafen. Da klopft es an der Tür. Der Besitzer ist da und bittet um Entschuldigung, weil er uns noch einmal in die Garage bitten muss, da für ein weiteres Auto die Moppeds doch bitte anders stehen müssen. Ok – alles wieder anziehen und runter. In der Garage traue ich meinen Augen nicht. Mein Mopped steht um 90 ° gedreht an der Wand. Wie kommt es denn dahin? Nur M’s Mopped steht noch so wie vorher. Der Besitzer erklärt, er habe meins am Vorderrad „gehoben“ und dorthin gezogen. Mir schwillt der Kamm. Wie kann er es wagen? Selbst M. fragt vorher, und ich umgekehrt genauso – und wir kennen unsere Maschinen sehr genau, was man wohl von dem Herrn hier nicht behaupten kann. Anscheinend beherrsche ich das Spanische schon sehr gut, denn ich mache sehr fließend meinem Ärger Luft. (Meine Lehrerin sagte einmal, man würde dann eine Sprache beherrschen, wenn man in der Sprache schimpfen könne.) Nun, rund herum stand alles still mit gesenktem Kopf. Der Besitzer sagt andauernd „disculpe me“ und die Chefin nickt und bestätigt, er hätte fragen können/müssen. Ja, entschuldigen können sich die Peruaner wunderbar – mit Rehaugen, Gesten und Worten und am besten 1000 mal. Nur wenn irgend etwas kaputt geht, dann kann man das selbst bezahlen, denn außer Entschuldigung kommt gar nichts. Kein Cent! (Das haben wir letzte Woche 2 mal „testen“ dürfen/müssen.)
Heute Morgen geht mein Mädel im 1. Gang bei gezogener Kupplung immer wieder aus. Was ist denn jetzt los? Hat der Typ gestern bei der Aktion etwa unmerklich den Kupplungshebel getroffen? Dieses Problem hatte ich ja schonmal in Anchorage. Ich schalte in den Leerlauf und starte erneut. Sie bleibt an, auch als ich den Gang einlege. Glück gehabt, aber es bleibt zu beobachten.
Durch dicken Matsch geht es los. Na, es muss schon eine ganze Menge in der Nacht geregnet haben. Prima, dann regnet es ja heute weniger. Tatsache, die Sonne kommt kurze Zeit später heraus und wir fahren 2 Std. durch herrlich grüne Landschaft bis oben in die Gipfel über guten Teer. Vom gestrigen Regen ist nichts mehr zu sehen (Die Ankündigung Regen, Regen, Regen trifft zum Glück nicht zu). Wie plötzlich sich der Charakter der Landschaft ändert. Hier auf über 4000 m ist natürlich kein Baum mehr zu finden, nur hellgrünes Gras. Nach anfänglichem Schlaglochteer (20-40 km/h nur möglich) wird die Straße besser und es lässt sich gut vorankommen.
Wir treffen unsere Freunde in Cusco am vereinbarten Treffpunkt pünktlich wieder. Sie haben uns ein Hotel mit Stellplatz besorgt und so fahren wir gleich zum zentralen Platz mit dem Taxi, unsere morgige Tour nach Machu Picchu zu buchen. 200 $ pro Nase (Dollar, wohl gemerkt!). Inklusive Bustransfer zum Zug und zu Machu Picchu, Zugticket, Eintritt, Führer und wieder zurück. Es kostet ein Schweinegeld, aber dieses Highlight der Reise wollen wir uns nicht entgehen lassen. So „billig“ kommen wir nie wieder da rein.
Also beißen wir in den sauren Apfel und buchen – FAST! Denn M. hat seinen Reisepass im Hotel und ohne kann man den Zug nicht buchen. Er eilt mit dem Taxi zurück, und ich sitze derweil auf heißen Kohlen, weil es nur noch 2 Plätze für die Rückfahrt gibt. Ich brauche einen Kaffee. Das vertreibt die Unruhe. Es klappt alles doch noch und der Herr hätte jetzt gerne 400 Dollar Cash. Wir machen große Augen. Sooooooviel Dollar haben wir nicht mehr. Automat? Na, wenn der so viele überhaupt ausspuckt. Der erste tut es nicht. Alles ist eingegeben, und dann verlangt er die Pin ein zweites Mal, ohne Geld auszuspucken. Natürlich kommt auch keine Quittung über die fehlgeschlagene Transaktion. Mist! Anderer Automat – leider von der gleichen Bank. Ich verusche es trotzdem und diesmal klappt es sogar. Aber nur 200! Vielleicht darf ich ja noch ein 2. Mal abheben. Tatsächlich. Das hab ich bisher in Peru nur ganz selten gedurft. So ist alles gut und wir können die Sonne auf dem herrlich verkehrsberuhigten Platz genießen. Rundherum die Bogengänge mit den typischen Balkonen an den Häusern, 2 große Kirchen/Kathedralen, ein wunderbarer Brunnen in der Mitte, Bänke, Blumen und Gras, gewundene Fußwege kreuz und quer durch den Park und ein zahmes freilebendes Häschen, welches die Nähe der Leute sucht und sich gerne streicheln lässt.
Unser Freund erzählt, dass vor 6 Jahren noch hier die Taxen rundum fuhren und einen totgehupt haben. Lästig! Aber nun ist alles wunderbar ruhig, sauber, gepflegt und wunderschön. Leider hat das beste Pizzalokal in einer Seitenstraße zu. Schade. Gegenüber gibt es auch Pizza, wenn auch nicht sonderlich gute. Aber wir sind satt und wir genießen die gemeinsame Zeit, quatschen, erzählen und empfinden das Flair der Stadt. Unsere Freunde haben sich hier vor 6 Jahren kennen und lieben gelernt (und leben mit ihrem 3-j- Sohn in D-land, machen aber hier einige Wochen Urlaub mit Verwandten und Freunden.) DIE Story ist für mich immer noch unglaublich. Wie kann eine Peruanerin ohne Angst nach einem einzigen gemeinsamen Abend mit einem wildfremden Ausländer monatelang auf Reise gehen? Die Umstände erzeugen nur Kopfschütteln bei mir. Es hat anscheinend „Zoom gemacht“.
Da die beiden wie wir Motorradreisende waren/sind, fühlen wir uns hier sehr nahe. Es ist unglaublich schön zusammen und wir mögen gar nicht Abschied nehmen. So überreden mich die Männer, doch noch weiter nach Norden zu fahren und den beginnenden Regenwald noch mitzunehmen. Wir würden noch sehr schnell im Süden landen. Ich kann das zwar nicht glauben, weil ich weiß, wie weit das ist. Aber wir werden sehen.
Bis demnächst VGB