Di, 26.1.16
Peru kann auch anders. Haben wir bisher viel von seinen Schattenseiten gesehen, so haben wir heute eine seiner schönsten Seiten kennengelernt und Peru hat uns etwas versöhnt. Der Tag fing schon so gut mit einem Cappuccino aus Ecuador an (Bevor ihr euch wundert, den habe ich in Baños gekauft, 3 verschiedene Sorten der besten Kaffees der ganzen Welt – und heute haben wir den ersten ausprobiert, hm, lecker! Ich muss zugeben, das macht einen Riiiiiiiesenunterschied aus!) Dann schnell die ausgedruckten Bilder von den Kindern im Heim abgeben. Und dann auf Richtung Huaraz. Fast 400 km, aber wir schaffen die wohl eh nicht, weil M. den Canyon fahren will. Also trödeln wir noch ein wenig rum. Irgendwo in der Mitte soll es in einem kleinen Ort auch ein einfaches Hotel geben. Das ist unser Ziel heute. Aber schon wieder kommt es anders.
Wir kommen gut voran. Wir fahren durch Sandwüste mit Sanddünen über die Panamerikana, eine gute Straße. Links die Berge, rechts das Meer. Der Müll am Straßenrand hat nachgelassen. Oder vielleicht sehen wir ihn auch nur nicht mehr, weil wir uns dran gewöhnt haben?

Dieser Reifen? Da musst du wohl noch was wachsen! (am Straßenrand der Panamerikana)
Jedenfalls wird die Wüste plötzlich grün, weil wir einen Fluss entlang fahren. Der windet sich in verschiedenen einzelnen Armen durch ein breites Kiesbett und am Rand wächst und gedeiht üppiger Baum- und Strauchwuchs. Langsam aber stetig gehts bergauf. Das Tal weitet sich und in der vormals Wüste wächst nun Reis, Mais, Gemüse (ich meine ich hätte Salat und Kohl wiedererkannt) und angehäufte Reihen, wie Kartoffeln. Aber das Blattgrün sieht nicht aus wie Kartoffeln, eher wie kleine Rhabarberblätter. An einem weiteren Feld halte ich an und gehe nachschauen: rote Zwiebeln wurden gerade geerntet. Einige kleine liegen noch rum. Der Bauer (oder Erntehelfer?) kommt näher und ich erkläre ihm mein Tun. Ich darf gerne die paar kleinen Zwiebeln mitnehmen, aber ich solle doch noch richtige mitnehmen, richtig große. Wir können ihn nicht davon abhalten. Jetzt können wir Zwiebelsuppe kochen, so reichlich mussten wir einpacken.

Anbau in der Wüste
Wir sehen auch, warum die Wüste plötzlich so grünt: Neben dem Fluss gibt es einen Wasserkanal, der reichlich Wasser führt und sehr schnell fließt und glatte, steile Betonwände führen hinauf. Wenn hier einer reinfällt, der kann lange schwimmen, denn weit und breit ist keiner und Sicherungen gibt es nicht. Aha, so wird also alles bewässert. Kurze Zeit später sehen wir auch warum: Ein Wehr – und hier wird das Wasser zum Bewässern abgezwackt.

links der Kanal, rechts hinter dem Bäumen versteckt der Fluss, ohne den Kanal gibt es nur Steinwüste: steile Felsen und Steine, sonst nix
Auf einmal geht die Straße links über die Brücke in Serpentinen die Berge steil hoch. Aber wie M. so treffend sagt: „Unser Weg geht gerade aus!“ Piste! Ich ziehe eine Schnute, mehr aber auch nicht. Er hat mich wieder mal nicht gefragt und ich weiß auch warum. Ich hätte ob des Minusprofils meines Vorderrads gekniffen und mein Veto eingelegt. Der Räuber! Aber er wollte hier gerne hin und er weiß, dass ich eins noch mehr hasse: Zurück fahren! So ist er sich sicher, dass ich still schimpfe und mich in mein Schicksal füge.
Übles Waschbrett, Schlaglöcher, dicke lose und auch „einzementierte“ Steine (sprich herausragende Ecken), loser, tiefer Schotter, tiefer Sand, feiner Sand, Wasserdurchfahrten (seit einigen Tagen sind wir da was vorsichtiger 😉 ) enge einspurige Sektionen wie auch breitere. Alles dabei. 35 Grad in der Sonne und kein Fahrtwind bei 30 – 40 km/h. Ich bin „begeistert!“ Ich komme mir vor wie im Steinbruch auf der Wuppenduro, nur dass hier an beiden Seiten dick Gepäck dranhängt und diese Sektion 70 km lang dauert. Wir sind im Canyon del Pato.

unzählige Überbrückungsmöglichkeiten – diverser Arten, mal mehr, mal weniger abenteuerlich

offroad – übles Waschbrett, abenteuerliche Brücken
Meine übliche Verkrampfung am Anfang kann ich schnell lösen, denn mein Körper und meine Muskeln erinnern sich daran, wie es geht. Als auch endlich das Kopfkino aufhört, komme ich gut hinter M. her und kann auch etwas von der spektakulären Landschaft aufnehmen, denn das Tal wird sehr eng. Die Felder haben aufgehört und es gibt hier nur steile (Sand-) Felsen, Steine und den Fluss. Welche Farben die Berge haben, wie von einem Künstler gemalt.

Farbenfrohe Berge – Wahnsinn!!!
Welche Formen hier zu finden sind. als ob sich die Erde aufgebläht hat, so gewölbt sehen wir die Felsen.
Unzählige Tunnel führen mal auf der einen, mal auf der anderen Seite des Flusses die Straße an.
Immer höher gehts in Serpentinen rauf. Mitten im Nichts springt mich aus dem Gebüsch, wie ich noch soeben aus den Augenwinkeln wahrnehmen kann, was Braunes ans Bein. Reflexartig ziehe ich das Bein nach vorne, sonst hätte mich der Köter gebissen. Mit allem hab ich gerechnet, aber nicht mit einem Hund. Ich hab mich fürchterlich erschreckt. Jetzt reichts! Beim nächsten halte ich das Bein mal raus. Mal sehen ob dem meine Stiefel schmecken!
Auf 1400 m kommen wir in ein größeres Dorf. Hier bieten die Damen Obst feil. Wo wächst das denn? Oder haben die das von unten raufgebracht und verkaufen das hier? Wie kann man hier in der Steinwüste nur leben? Hier gibt es doch nichts außer steilen Wänden. Aber genauso ungläubig wie wir schauen die Leute auch. Was wollen DIE denn hier? Eine kleine Trinkpause nur und weiter gehts.

Wir haben einen weiteren Erlkönig in Peru entdeckt: Baut BMW doch eine kleine 200-er GS?
Aber wo ist denn der Fluss geblieben? Nur ein Rinnsal ist übrig. Ist der Fluss auf der anderen Seite des Berges? Kurze Zeit später haben wir Gewissheit:
Es gibt im engen Tal einen kurzen, aber sehr hohen Stausee. Das gesamte Wasser wird abgezwackt und durch einen Stollen zur Energiegewinnung geschickt. Nur ein kleines bisschen wird zurück in den Canyon geschickt. Wir sehen einige Wasserfälle.

Ein Wasserfall schöner als der andere…
Unter dem Dorf wird dann das Wasser wieder in den Fluss geleitet. Aber hier im engen Canyon muss das bisschen Wasser reichen. Welchen Weg nehmen wir? Den für leichte oder für schwere Transporte? Na, rechts hoch gehts laut Navi in tausend Kehren über den Berg. lass uns lieber außen rum den Schwertransportweg nehmen. Nur eine schmale einspurige Straße gibts, die sich munter durch Tunnels und Kurven schlängelt. Eine tolle Straße. Vor jedem Tunnel soll man hupen, was wir auch fleißig tun, Außer uns wohl keiner. Aber es passiert nichts weiter, denn es ist wenig Verkehr. Na, wenn DAS schon der Weg für LKW ist, dann wollen wir lieber nicht wissen, wie der für die Autos aussieht. Erst der spektakuläre Canyon, dann diese sich windende kleine Straße durch die Berge und dann fängt der Teer wieder an.
Es ist halb 5 und der Canyon ist geschafft. Es fehlen noch ca 100 km und es ist hell bis 20 vor 7. Das sollte zu schaffen sein. Wir ziehen ohne Pause durch bis Huaraz. Die Höhenanzeige klettert immer weiter und es wird ein paar Grad kälter. Prima, nicht mehr so heiß. Die Sonne geht weg und es bewölkt sich, noch ein paar Grad weniger. Es hat im Dorf geregnet, die Straße ist nass, noch ein paar weniger. Wir sehen den Gletscher links an der Seite und wissen, warum es plötzlich nur noch einsame 13 Grad sind! Brrrr. Griffheizung an. Es sind nur noch 20 km, das lassen wir jetzt so und hoffen, dass wir nicht noch nass werden. Wir wissen ja wo wir hinwollen, denn die Heimleitung gestern hat uns einen Tipp gegeben. Aber wir kommen mit unseren Dickschiffen nicht durch die Tür und eine Garage hat er nicht. So rät er uns zu einem weiteren Hostel und weist uns per Karte den Weg. Dort ist Platz genug, anscheinend gerade wenig los und die Leute super nett. Ich koche mal wieder (in echt! Nicht im übertragenen Sinne!) in der Küche oben unter dem Dach, M. geht schnell ein paar Getränke einkaufen und mit Blick über die Stadt lassen wir den Tag ausklingen.
Das war sicher ein Highlight der Reise heute, auch wenn die Piste besch…. zu fahren war, zugegebenermaßen aber nicht schwer – zum Glück! (Sonst hätte ich M. wohl die Ohren langgezogen ;-)…)
VGB

Huaraz, auch hier gibts bunte Berge 😉
Danke Uwe. VG an Angelika.
Ich freue mich mit Euch über diesen tollen Tag – Liebe Grüße Uwe