Hole in the Rock

Fr. 16.10.15

Der Wecker klingelt um kurz vor 7, es ist noch dunkel, denn die Sonne geht erst in einer halben Std. auf. Es gibt einen schnellen Kaffee bei Morgenrot und den Rest von gestern Abend. Punkt 9 sitzen wir auf dem Mopped, Wir sind nicht die ersten, denn wir haben schon früh einen Moppedfahrer starten hören. Gemeinsam ist der Tiefsand schnell gemeistert – keiner ist gefallen, wie im Lehrbuch mit Füße paddeln langsam durch. Puh! Haste gedacht, das wars jetzt. Pustekuchen! Das war erst der Anfang von nervenzehrendem Knuspern. Der Tiefsand ist zwar nicht mehr 30- 40 cm tief, aber immer noch 10 – 15 cm. Und das Kilometer um Kilometer! Es hört nicht auf. Bei 10 km/h und noch 50 zu fahrenden km dauert das 5 Std – WENN ich denn fahre! Andauernd schlägt der Lenker und das Hinterteil keilt aus. Ich bin am Ende meiner Nerven und heule. Ich halte das nicht aus. M. liest mir die Leviten. Wir MÜSSEN heute noch zurück, weil wir nicht genügend Wasser mehr haben (uns fehlen seit letzter Nacht 2 Trinkwassserflaschen! Etwa geklaut?)  Wer wollte noch mal unbedingt dahin fahren???

O-Ton M.: „Entweder du sagst jetzt, du schaffst das, oder wir fahren SOFORT zurück! Hörst du, SOFORT!!!“

Ich komme mir vor, wie die Jugendliche auf youtube: – Ich will aber! – Du kannst aber nicht! – Ich will aber! – Das geht aber nicht! – Warum? – Weil, da is Sand! – Ich will aber!….

Recht hat M. Mit jedem einzelnen Wort. Aber ich will dieses verd… Sch…. drecks… Loch sehen!!! Da, wo die Mormonenpioniere mit ihren Pferdewagen runter gedonnert sind.

Eine Entscheidung muss her: Ok, ich versuche es noch eine halbe Std lang (in der Hoffnung, dass der Weg irgendwann doch besser wird.) Wenn das nichts gibt, drehen wir um. Ok, also weiter!

Da kommt uns ein Moppedfahrer entgegen. Martin aus D-land, heute morgen so früh gestartet und schon am Hole gewesen. Nein, der Weg ist nicht ständig so sandig, aber ab und an, aber nur recht kurz. Zwischendrin ist er fester. Hoffnung keimt auf.

Hole-in-the-Rock-Road, ein ruhiger Abschnitt

Hole-in-the-Rock-Road, ein ruhiger Abschnitt

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Lächeln....

Lächeln….

Mutig gehts weiter. Es stimmt, der Weg bleibt zunächst viele km so sandig, wird aber zunehmend steiniger und felsiger. Auch die Auf- und Abfahrten werden steiler, gespickt mit losen dicken Steinen oder großen Steinplatten. Eine sandige Steilabfahrt mit Kehre und dicken Steinen und Stufen schaffe ich irgendwie heil runter. Wie ich hier wieder rauf kommen soll, weiß ich nicht. Aber das überlege ich mir, wenn ich wieder zurück fahre. Die stufigen Steine werden immer mehr, mit Vorliebe in steilen Stücken. Aber das kann ich ja nun mittlerweile ganz gut – Dank Jeff! (Hier ist Level 5 und ich hab ja noch eins in Petto ;-)….) Ich suche bewusst die Rumpelei über die Steine, denn da ist es fest und hiermit kenne ich mich gut aus. Ich fahre voraus, damit mich M. ggf. aufsammeln kann. Ist aber nicht nötig. Statt dessen bekommt er frei Haus „Tipps“ wie er es besser machen kann. So z. B. bei einer Steilauffahrt mit stufigen Felsenplatten. Ich bin zu schnell, die Maschine springt zwei mal kreuz und quer. Ich kann sie abfangen und ohne Abwürgen nach oben bugsieren. M. geht das ganze etwas langsamer an und so klappt es bedeutend besser.

Irgendwann sind wir doch da. Es ist halb 12. Nur kurz schauen wir uns das Loch an und bestaunen die unwegsame Landschaft, durch die die Pioniere durchgerumpelt sind. Durch das Loch klettern wir ein kleines Stück hinunter, während unten der Colorado in leuchtendem Blau herauf grinst. Hier soll ein vollgeladener Wagen durchgepasst haben? Vorne Pferde? Hinten 10 Männer am Seil die sich gegen das Abstürzen stemmen? Die Armen! Allesamt! Unvorstellbar. Noch ein paar Bilder und auf, auf! Wir müssen zurück!

Hole-in-the-Rock. Hier sind die Planwagen runter geschafft worden

Hole-in-the-Rock. Hier sind die Planwagen runter geschafft worden

...bis runter an den Colorado River. Heute ist dort der Lake Powell.

…bis runter an den Colorado River. Heute ist dort der Lake Powell.

Zurück geht es bedeutend leichter, denn jeder Meter im Sand heißt auch, wieder einen Meter in Richtung Ausgang! Langsam klettern wir in Schrittgeschwindigkeit die stufigen Steilhänge wieder runter. Das haben wir ja am Engineerpass gelernt. Manches Mal wundere ich mich über mich selbst: Hier bist du eben hochgefahren? Das hatte ich gleich wieder verdrängt vor lauter Konzentration der nächsten Schwierigkeiten. Die kurzen Sandstücke dazwischen versuche ich ohne Schlagen und Auskeilen zu meistern, erst mit beiden Füßen unten, dann wenigstens mit einem Fuß auf der Raste. Jep, klappt gut. Etwas schneller im 1. Gang mit beiden Füßen oben, nur geradeaus (und mit Luftanhalten)? Ja, geht auch. Vielleicht auch mal im 2. Gang, der Sand ist doch nicht so tief. Es wird besser und besser, je länger die Sandpassagen dauern. Wenn grade fester Untergrund ist, überlege ich fieberhaft, wie ich das eben runter gefahrene Knusperstück wieder rauf komme. Sandige Stufen mit Kehre am Lenker hängend, ist keine gute Idee, da das Vorderrad zu leicht wird. Da tänzelt das Vorderrad hin und her und macht was es will, weil ich wegen des Tankrucksacks nicht weit genug nach vorne komme. Der muss nach hinten, auch wenn dann das Gewicht hinten noch mehr wird. Einige steinige Steilhänge habe ich noch Zeit zum Üben. So geht es viel besser, trotz Gewicht hinten. Da ist der Sandberg. Im Sitzen langsam gerade nach oben bis in die Kehre, fast an die Wand. Dort auf die Füße, über die dicken Steine am Rand langsam drehen und mit mehr und mehr Gas den Steilhang rauf. Yeah!!!! Oben! Obwohl der Sand immer mehr wird, mein Herz immer ruhiger.

Irgendwann fahre ich die kilometerlange Tiefsandstrecke völlig allein. M. ist schon seit langem unsichtbar abgerauscht. Er braucht mehr Speed, wenn er im Stehen drüber bügelt. Ich mach lieber hösch! Ich hab heute Waffenstillstand mit dem Sand geschlossen. Den will ich nicht leichtfertig aufs Spiel setzen. Irgendwann komme ich um die Kurve gezockelt und M. räkelt sich im Sand und gähnt, während sein Mopped auf der anderen Seite steht. Ohne Kamera? Hä?

Ach ja! Wir sind wieder an der dicken Tiefsandstelle, die schlimmste des ganzen Weges. Ach, hab ich gar nicht gemerkt, dass wir schon hier sind. Der Herr wünscht, dass ich vorfahre und seine Fahrt auf Video aufnehme. Okee, dann fahre ich halt vor. Langsam im 1. Gang, mit paddelnden Füßen bis hinten hin. Es sind eh keine Nerven mehr da, die sich aufregen könnten. Wenn M. sagt, ich soll da durchfahren, dann fahre ich halt jetzt da mal durch. Ich hab heute eh mein Seepferdch… äh… „Sand“pferdchen gemacht. Ich stelle mein Mopped an der Seite ab und hole die Kamera heraus, mache sie an und gebe das Zeichen. Es dauert 3 Sekunden, da macht er plopp! Zack, er liegt im Sand.

kurz vor Schluss: das berüchtigte Tiefsandloch

kurz vor Schluss: das berüchtigte Tiefsandloch

So geht Tiefsandfahren - gaaaanz vorsichtig...

So geht Tiefsandfahren – gaaaanz vorsichtig…

Da ackert der Arme den ganzen Tag lang, damit ich nicht genau dort lande, und dann – kurz vor Schluss – passiert es ihm selber. Er wollte es zu schön für den Film machen.

Schnell ist sie aufgehoben und er paddelt durch. Danach noch eine halbe Std. für die restlichen 20 km. auf losem, sandigen Schotter zurück bis zur Straße (gestern haben wir dafür doppelt so lange gebraucht.) Wir fliegen im Stehen bei 50 – 60 km/h nur so über die Waschbretter immer der geteerten Straße entgegen.

An der Tanke merke ich dann deutlich die Anstrengungen dieses Tages. Es ist nichts mehr Lösung mit mir. Es fällt mir schwer, 6,14 $ zusammen zu legen. Ich muss jeden Gedanken einzeln erzwingen. Es reicht für heute.

Hier im Westen gibt es skurrile Typen - Der Desert Doctor - die einzige Motorradwerkstatt in 200 Meilen Umkreis

Hier im Westen gibt es skurrile Typen – Der Desert Doctor – die einzige Motorradwerkstatt in 200 Meilen Umkreis

Ein Eis zur Belohnung, noch eine halbe Std. einen Zeltplatz suchen und kaltes Abendessen mit Chips und Rotwein!

Bei der Arbeit

Bei der Arbeit

Da nehmen wir doch lieber das Zelt

Da nehmen wir doch lieber das Zelt

Der Wettergott hat es gut mit uns gemeint, und den Regen erst bei Dunkelwerden gebracht. Deshalb hat die Sonne nicht so geknallt und es waren nur wenig Leute unterwegs, so dass wir die meiste Zeit die komplette Straße zur Verfügung hatten und uns unseren Weg suchen konnten.

Danke! Der Schutzengel hat wieder guuuuut aufgepasst!

Auf dass eurer genauso gut aufpasst, eure B.

Ein Gedanke zu „Hole in the Rock

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